Wunderkind Emma spielte für die BONO-Direkthilfe

Zu einem herausragenden Benefiz-Konzert gegen Menschenhandel und Kinderprostitution kamen über 300 Besucher

Der Veranstalter, der BONO-Direkthilfe e. V., hatte nicht zu viel versprochen: Der Konzertabend im Autohaus Gieraths an der Kölner Straße kann gleich zu Beginn des Jahres – wenn auch aus privater Kraft gestemmt – als ein absolutes Highlight im Kulturangebot der Stadt Bergisch Gladbach gelten. Jedenfalls zeigten die Standing ovations der insgesamt 330 Zuhörer an dem für klassische Musik eher ungewöhnlichen, aber durchaus spannenden Ort, dass es mitunter nur einer originellen Idee und etwas Werbung bedarf, um genügend Unterstützer für eine gute Sache zu gewinnen und dann im Zusammenspiel wahre Begeisterungsstürme auszulösen. Schließlich kann sogar der eher nicht auf Akustik hin getestete Glasbau einer Autohalle das angemessene Ambiente für eine faszinierende Darbietung schaffen, die in jeder Hinsicht überzeugt, wenn sich nur starke Partner mit sehr unterschiedlichen Potenzialen zusammen tun und für dasselbe Anliegen engagieren.

Das Konzert am vergangenen Freitagabend war jedenfalls eine solche Initiative, die ein paar wenige „Mitspieler“ brauchte, um am Ende für eine win-win-Situation auf allen Seiten zu sorgen: Denn trotz hoher Kunst, für die sprichwörtlich der rote Teppich ausgerollt worden war und für die es viel Zuspruch gab, standen die Mädchen und jungen Frauen, die zu zigtausenden jährlich aus den Provinzen von Nepal und Bangladesch über die Landesgrenze nach Indien verschleppt und dort ausgebeutet werden, im Zentrum der Veranstaltung. Roll ups mit großformatigen Fotografien solcher Kinder und Jugendlichen jedenfalls holten deren Schicksal mitten in die Veranstaltung. Zugunsten des Bensberger Vereins BONO-Direkthilfe, der bereits seit 16 Jahren mit einem engagierten Team weitgehend ehrenamtlicher Mitarbeiter gegen Zwangsprostitution in diesem entfernt gelegenen Teil der Welt kämpft, sollte gespendet werden. Das war Ziel des Abends, für den es einen offiziellen Eintritt daher nicht gab. Im Gegenzug dafür hatten die Vorsitzenden des Vereins, Michael Müller-Offermann und Gereon Wagener, ein musikalisches Trio der Superklasse angekündigt, das jede Erwartung, die man in diesem Zusammenhang hätte haben können, noch weit übertraf.

Denn die elfjährige Emma Saskia Bähler und ihre Mutter Sibylle aus dem schweizerischen Avenches, beide Virtuosinnen am Klavier, sowie Stargeiger Alexandre Dubach aus Bern, der nicht nur Paganini spielte, sondern – dem italienischen „Teufelsgeiger“ gleich – ebenso mit seinem exzellenten Können begeisterte wie die beiden Pianistinnen, konnten gleich mit dem ersten Stück „La campanella“ das Publikum für sich einnehmen. Dabei wusste man nicht, ob die mehr als nur adäquate Begleitung an dem eigens aus Köln angelieferten Bechstein-Flügel mehr faszinierte – gerade auch wegen des zutiefst berührenden Spiels der noch recht jungen Nachwuchsmusikerin – oder Dubach selbst, der seinem Instrument in einem Tempo und einer Präzision Töne und Laute entlockte, wie man sie nur selten hört. Und wenn überhaupt, dann nur auf großen Konzertbühnen.

Höchst anspruchsvoll also gestaltete sich das Programm, das immer wieder von hilfreichen Erläuterungen Dubachs zu den Kompositionen unterbrochen und schließlich mit Zugaben aus einem schier unerschöpflich scheinenden Repertoire aller drei Künstler ergänzt wurde. Offiziell aber vorgesehen waren populäre Stücke wie die Carmen-Phantasie von Sarasate, der Blumenwalzer von Tschaikowsky, Scherzo-Tarantelle von Wieniawski oder „Waldesrauschen“ von Liszt, bei dem die Solistin Emma Saskia ihrem Beinamen „Wunderkind“ alle Ehre machte und mit diesem Bravourstück höchsten Schwierigkeitsgrades als ernstzunehmende Interpretin brillierte. Denn zum allseits großen Erstaunen legte das junge Mädchen alle kindlichen Attitüden ab, wenn es – vertieft in sein Spiel – beherzt und doch mit überwältigender Ausdrucksstärke in die Tasten griff. Ein Überraschungseffekt par excellence, der den Atem anhalten ließ.

So viel Mühe muss belohnt werden. Am Ende griff das Publikum – eine Mischung aus Autohaus-Kunden, BONO-Unterstützern und lokalen Klassikfreunden – großzügig ins Portemonnaie. Das vorläufige Ergebnis von knapp 5200 Euro – die angekündigten Überweisungen mancher Besucher stehen noch aus – wird jedenfalls der Arbeit der BONO-Direkthilfe in den Schutzzentren der Partnerorganisationen vor Ort zugute kommen. Dabei brachte Pfarrer Andreas Süß auf den Punkt, was viele an diesem Abend gedacht haben mögen: „Ich bin sehr dankbar, dass so viele Menschen in unseren Gemeinden das großartige Engagement der BONO-Direkthilfe gegen die himmelschreiende Ungerechtigkeit der Zwangsprostitution unterstützen. Die Mädchen bekommen eine wirkliche Lebensperspektive durch den beispielhaften Einsatz dieses Vereins.“ Er freue sich, dass diese Initiative aus der Gemeinde St. Nikolaus entstanden sei und heute mehr denn je von den Menschen am Ort stark unterstützt werde. Ein solcher Abend mache Mut, so Süß, „dass wir aus einem lokalen Engagement heraus Ungerechtigkeit in einem anderen Teil dieser Welt zum Guten verändern können.“

Text – Beatrice Tomasetti
Fotos – Markus Bollen