Wetterhahn leuchtet wieder von der Kirchturmsspitze

„Ehe der Hahn kräht, wirst du mich dreimal verleugnen.“ Dieser Satz, den Jesus dem Petrus kurz vor seinem Leidensweg prophezeit, gehört zu den berührendsten Stellen der Passionsgeschichte im Matthäus-Evangelium. Und in der Tat: Aus purer Angst, in Mithaft genommen zu werden, erweist sich Petrus als Feigling, der sich – bildlich gesprochen – nach dem Wind dreht und im entscheidenden Moment nicht zu seiner Freundschaft mit dem Nazoräer steht.

Diese Geschichte gibt die Antwort auf die Frage, warum ausgerechnet ein Hahn den krönenden Abschluss auf der Turmspitze von katholischen Kirchen bildet. Mit ihm verbindet sich von altersher die Mahnung, sich eben nicht nach dem Wind zu drehen, sondern – wie Petrus später dann bis zu seinem Märtyrertod – standhaft für den christlichen Glauben Zeugnis abzulegen. Zudem kündigt der Hahn das Ende der Nacht an, was sinnbildlich für die Überwindung des Todes und damit für die Auferstehung steht.

Rund fünf Monate lang mussten die Bensberger mit einer verpackten Kirchturmspitze à la Christo leben. Auch der goldene Hahn, sonst krönender Abschluss des 50 Meter hohen Turms von St. Nikolaus, war im Zuge einer anhaltenden Turmsanierung abmontiert worden und sollte generalüberholt werden. Schließlich war das Kugellager über die Jahre komplett verrostet, so dass der Hahn zuletzt auch seinen Dienst versagt hatte und kaum mehr die Windrichtung anzeigen konnte. Vor allem aber hatte zunehmend die Gefahr bestanden, dass er so den Stürmen in luftiger Höhe dauerhaft nicht standgehalten hätte und bei starken Böen früher oder später abgebrochen wäre.

Doch in diesen Tagen atmet man im Bauausschuss des Kirchenvorstands der Gemeinde auf. Der Hahn ist zurück und erstrahlt – neu vergoldet – wieder in seiner ganzen Pracht. Wolfgang Mehren von der Kunstschmiede Hoppen in Bad Münstereifel hat das symbolträchtige Tier zwischenzeitlich einer Verjüngungskur unterzogen und es mit handwerklichem Können noch einmal zum attraktiven Blickfang des 1886 geweihten Gotteshauses auf dem Berg gemacht. Nun montierte er den Hahn wieder an Ort und Stelle an – zusammen mit der ebenfalls restaurierten goldenen Zeitkapsel, in die die Gemeinde für die Nachwelt Zeitzeugnisse des pfarrlichen Lebens am Ort packte: zum Beispiel eine Chronik von St. Nikolaus, einen Brief des Pfarrgemeinderates, eine Kluft der St. Georgspfadfinder Stamm Ommerborn sowie eine aktuelle Tageszeitung. In einer kleinen Feierstunde mit allen Beteiligten – darunter der für die komplette Baumaßnahme verantwortliche Architekt Max Ernst aus Zülpich – wurde die Instandsetzung zudem mit kirchlichem Segen und einem Weihegebet von Pfarrer Johannes Börsch zelebriert.

„Wir freuen uns, dass nun der erste Bauabschnitt der Turmsanierung beendet ist und die Turmspitze von Gerüst und Plane befreit werden konnte“, sagt Michael Müller-Offermann, Vorsitzender des KV-Bauausschusses. Doch auf ihn und das ehrenamtliche Expertenteam, das ihm zur Seite steht, wartet noch eine Menge Arbeit, die sich weit ins nächste Jahr ziehen wird. Auch wenn das Turmdach nun wieder neu gedeckt ist und damit Wind und Wetter trotzen kann, sind als nächstes das Mauerwerk des Turms und auch der Glockenstuhl an der Reihe, der wegen massiver Feuchtigkeitsschäden komplett erneuert werden muss. Über die Jahrzehnte habe an beidem der Zahn der Zeit genagt, schildert Müller-Offermann. Lange seien Korrosionsschäden dieses Ausmaßes nicht bemerkt worden, bis sich – vor etwa einem Jahr – einzelne Steine gelöst hätten. Ein Alarmsignal. Schließlich, so erklärt der leitende Bauexperte Ernst, habe das Mauerwerk der Gebäudeaußenwände seit der letzten Renovierung hydrophobiert. Das heißt, verwitterte Ziegelsteine und Außenmörtel mit hoher Porosität haben zu einem erhöhten Feuchte-Niveau am Mauerwerk geführt und den Stein nach und nach zersetzt. Hier muss, will der Turm auch nachfolgenden Generationen erhalten bleiben, in der Summe noch kräftig Hand angelegt werden, bis alles fachmännisch rundumerneuert ist.

In Bensberg hofft man, dass mit der Bewältigung des ersten Kapitels nun auch die weiteren Bauabschnitte zeitplangerecht voranschreiten und die Restaurierung des Turms im Frühjahr abgeschlossen werden kann. Doch dann warten weitere Herausforderungen, die die Kirche – bei laufendem Betrieb – noch eine Weile zur Baustelle machen. Denn mit der Restaurierung des Kirchenschiffs soll es weitergehen: Hier gehe es um das Dach, die Fenster, aber auch die Heizung und viele elektrische Details, erklärt Müller-Offermann. Doch vom Kölner Generalvikariat gibt es zu diesem aufwendigen Vorhaben bislang noch kein grünes Licht.

Text – Beatrice Tomasetti
Fotos – Michael Fritzen