Trauer um ehemaligen Bensberger und Moitzfelder Kaplan Wolfgang Picken

Für den ehemaligen Kaplan von St. Nikolaus  und St. Joseph, Stadtdechant Picken, wird am Dienstag, 30. Januar, die heilige Messe um 7 Uhr in der evangelischen Kirche Bensberg gefeiert.

Der Bonner Stadtdechant Monsignore Dr. Wolfgang Picken ist tot. Am Samstag gaben die Münsterpfarrei und das Stadtdekanat Bonn bekannt, dass der Münsterpfarrer nach einer kurzen, aber hochaggressiven onkologischen Erkrankung verstorben ist. Weiter heißt es: „In Gebet und in Gedanken sind wir bei seiner Familie und den vielen Menschen, die sein so plötzlicher Tod sprachlos zurücklässt.“ Das Totengebet findet um 17.30 Uhr im Bonner Münster statt, am Sonntag können sich die Gläubigen in der Krypta zu einer persönlichen Verabschiedung am Sarg versammeln.

Die Kinder- und Jugend-Pastoral, die Messdienerarbeit und die Einzelbegleitung sowie die Sterbe- und Trauerseelsorge standen im Mittelpunkt des seelsorglichen Wirkens von Wolfgang Picken. Mit der Ernennung zum Pfarrer der Basilika St. Martin hatte Picken in der Münstergemeinde die Erstkommunionvorbereitung wieder aufgenommen und sich dem Aufbau der Familienpastoral und der Messdienerschaft gewidmet. Als Pfarrer von Bad Godesberg gründete er 2009 die „Walter-Möhren-Kindertagesstätte von St. Georg“ und den ersten Inklusionskindergarten der Region. Es folgte die Gründung des „Kindergartennetzwerkes Bad Godesberg“, des „Heilpädagogischen Beratungs- und Förderdienstes“ und der „Akademie Bad Godesberg“.

Darüber hinaus setzte Picken im Bonner Münster geistliche Akzente, zum Beispiel mit Predigten in der Fasten- und Adventszeit. Die Tradition solcher Predigtreihen pflegte er bereits als Pfarrer von Bad Godesberg. Ein herausragendes geistliches Ereignis für Bad Godesberg war die von ihm begründete „Bad Godesberger Wallfahrt“, an der jedes Jahr bis zu 1500 Gläubige teilnahmen. Darüber hinaus bot Picken als Pilgerleiter und geistlicher Begleiter Pilgerreisen und Wallfahrten ins Ausland an.

Wichtig war Picken das Engagement als Sterbe- und Trauerbegleiter in der Hospizbewegung. Er war Verfasser des 2000 erschienen Buches „Abschied nehmen vom Leben“. Picken absolvierte eine Fortbildung zum Trauer-, Verlust- und Hinterbliebenenbegleiter. 2001 gründete Picken in Bergisch Gladbach Refrath das erste „Integrierte Hospiz“ in der Altenpflege, zwei weitere folgten in Bad Godesberg. Die „Integrierten Hospize“ wurden mit dem „Altenheim Zukunftspreis 2009“ ausgezeichnet. Er ermöglichte einen „ambulanten Palliativdienst“ für Bad Godesberg. 2019 gab er den Gründungsimpuls für eine „Ambulanten Demenzhilfe“. 2005 stiftete Picken die „Bürgerstiftung Rheinviertel“, die bis heute Hospiz- und Sterbebegleitung ermöglicht, Kindertagesstätten unterhält, Jugendarbeit ermöglicht und weitere soziale Projekte unterstützt. Auch widmet sie sich intensiv dem Thema der „Inklusion“. Die Stiftung konnte zu einem von Bürgern getragenen Sozialunternehmen heranwachsen. Mit dem Dienstantritt als Stadtdechant von Bonn war er aus dem Vorstand ausgeschieden und wurde zum Ehrenvorsitzenden des Kuratoriums auf Lebenszeit ernannt. Seit dem Amtsantritt als Münsterpfarrer war er Vorstandsmitglied der „Münster-Stiftung“. Die ursprünglich für bauliche Erfordernisse der Münsterkirche gegründete Stiftung soll auf seine Initiative hin ihre Zwecke um soziale und pastorale Aufgaben in Münstergemeinde und Stadtpastoral erweitern.

Seine Aufmerksamkeit fand auch die Sorge um Geflüchtete und Menschen mit Migrationshintergrund. Picken war Beiratsmitglied der Otto-Benecke-Stiftung. 2018 fungierte er als Ideengeber für das in der Flüchtlingshilfe bundesweite Pilotprojekt „Partizipation und Demokratisierung“, an dem Bundes- und Landesministerien, die Stadt Bonn und die Otto-Benecke-Stiftung beteiligt sind.

2019 ernannte er eine Integrationsbeauftrage für das Stadtdekanat Bonn. Zeitgleich nahm er Planungen für ein Ausbildungsprogramm in Entwicklungsländern auf, das nach Deutschen und Europäischen Standards und in deutscher Sprache erfolgen soll. Bereits im Herbst 2015 gab Picken als Pfarrer von Bad Godesberg den Impuls zur Gründung des „Runden Tischs Flüchtlingshilfe Bad Godesberg“ und moderierte bis zu seinem Amtswechsel das zugehörige Netzwerk.

Wichtig für Picken war die direkte Hilfe für Bedürftige und Ratsuchende. Seit seiner Ernennung zum Stadtdechanten von Bonn war er Vorsitzender der Caritasrates der Stadt Bonn. In dieser Funktion verantwortete er das Wirken und die Weiterentwicklung der verbandlichen Caritasarbeit in der Stadt. Auf seine Initiative geht die Planung für ein Caritasportal zurück, das zukünftig als niederschwellige Erstanlaufstelle für Hilfe- und Ratsuchende auf dem Gelände des Bonner Münsters seine Arbeit aufnehmen wird.

Ähnliche Akzente setzte er bereits als Pfarrer von Bad Godesberg. Zum Dreikönigsfest 2016 eröffnete Picken den „Suppenhimmel“ in der Godesberger Innenstadt, einen kostenfreien Mittagstisch an jedem Werktag. Auch die Gründung des „Soziallotsenpunkts“ im Zentrum des Bad Godesberger Stadtbezirks geht auf seine Initiative zurück. Picken war auch Mitglied des „Runden Tisches zur Gewaltprävention“ in Bonn, der auf seine Initiative hin vom Bonner Oberbürgermeister ins Leben gerufen wurde und ein stadtweites Präventionskonzeptes gegen Gewalt entwickelt. Pickens Initiative war die Konsequenz aus dem gewaltsamen Tod von Niklas P. in Bad Breisig (2016), dessen Familie er als Seelsorger begleitete.

Auch die Förderung des Ordenslebens lag Picken am Herzen. Als Stadtdechant besuchte er in den ersten Amtswochen alle Ordensgemeinschaften in Bonn und begründete einen Ordensrat für die Stadt Bonn. Als Pfarrer von Bad Godesberg initiierte er zuvor neun Klosterniederlassungen im Seelsorgebereich.

Als Pfarrer des Bonner Münsters verantwortete er die Generalsanierung des Bonner Münsters. Im Oktober 2021 kam es zur Wiedereröffnung der Basilika, nachdem sie vier Jahre geschlossen bleiben musste. Kurz vorher wurden Krypta und Kreuzgang der romanischen Stiftsanlage fertig gestellt. 

Kennzeichnend für Picken war die Entwicklung neuer pastoraler Konzepte und Ideen, mit denen die Kirche angemessen auf Veränderungen reagieren kann. Als Stadtdechant moderierte er seit 2019 den „Pastoralen Zukunftsweg“ im Stadtdekanat Bonn.

Für die Stadtpastoral in Bonn und die Münstergemeinde entwickelte Picken die Idee einer Kirche, die sich als Dialog- und Begegnungsraum in der Stadt versteht. Zum Programm gehören eine Vielzahl an geistlichen und liturgischen Formaten sowie Kooperationen mit Institutionen aus dem Bereich Kunst, Kultur und Wissenschaft. Mit der Eröffnung des Münsters wurde die Ausstellung „Licht und Transparenz“ mit Werken von Bonvicini, Neudecker, Mack, Cragg und Richter präsentiert. Weitere Ausstellungen sollen folgen. Ferner entstanden Zusammenarbeiten mit dem Theater Bonn, dem Beethovenorchester und dem Beethovenfest. Gemeinsam mit der evangelischen Kirche in Bonn sowie den beiden theologischen Fakultäten an der Bonner Hochschule ist das „Münster-Symposium“ in Planung. Das ökumenische Projekt wird jährlich zu einem wissenschaftlichen Dialog über ethisch relevante Fragen in die Münsterbasilika einladen. Hinzu kommen die Ansiedlung des jugendpastoralen Zentrums, des Caritasportals und der Missionszentrale der Franziskaner am Bonner Münster. 2020 führte Dr. Picken die Rendanturen Siegburg, Rheinbach, Euskirchen und Bonn zur „Regionalrendantur Süd“ zusammen. Bereits als Pfarrer in Bad Godesberg stieß er Strukturveränderungen und unter dem Leitwort „Gemeinde im Aufbruch“ eine pastorale Dynamik an. 2005 führte er seine beiden Pfarreien zur Gemeinde im Rheinviertel zusammen und gründete die Bürgerstiftung Rheinviertel. 2013 wurde er zusätzlich Pfarrer der beiden anderen Pfarreien in Bad Godesberg und führte sie zum „Seelsorgebereich Bad Godesberg“ zusammen, dem größten Seelsorgebereich im Erzbistum Köln.

Wolfgang Picken hatte mit dem Sommersemester 2023 einen Lehrauftrag an der Philosophischen Fakultät der Universität Bonn begonnen. Zudem war er seit Ende 2022 Associate Fellow des CASSIS, Center for Advanced Security, Strategic and Integration Studies der Universität Bonn. Der Theologe und promovierte Politikwissenschaftler setzte seine wissenschaftlichen Schwerpunkte dabei auf die Themenfelder „Politik und Religionen“, „Demokratische Grundwerte“, „Funktionalität und Zukunftsfähigkeit der Zivilgesellschaft“ sowie „Parteienforschung“.

Im Erzbistum Köln war er Mitglied der Konferenz- der Stadt- und Kreisdechanten, Mitglied im Priesterrat und dem Diözesanpastoralrat. 2019 wählte ihn der Priesterrat einstimmig zu seinem Delegierten für den synodalen Weg der Katholischen Kirche in Deutschland. 2023 legte er dieses Amt nieder.

Text – Domradiobeitrag vom 27. Januar

Foto – KNA