Pfarrgemeinderat tagte in Klausur zur Zukunft der Gemeinde

Es ist gute Tradition, dass sich der Pfarrgemeinderat einmal im Jahr aufmacht, um sich außerhalb der monatlich stattfindenden Sitzungen bei einer anderthalbtägigen Klausur mit den drängenden Fragen zur Zukunft der Gemeinde zu beschäftigen. Obwohl dieses Wochenende in der Jugendbildungsstätte Haus Altenberg schon vor Wochen inhaltlich konzipiert worden war, wurden die Gremiumsmitglieder dann doch von den aktuellen kirchlichen Entwicklungen der letzten Woche eingeholt und setzten daher kurzerhand auch eine intensive Aussprache zu dem Thema „Modellprojekt Bergisch Gladbach“ auf die Tagesordnung. Denn auch innerhalb des PGR herrscht großer Unmut über das, was am Wochenende 14./15. Januar als Proclamandum in den Gottesdiensten verlesen worden war. Stand jetzt: Es gibt ein Gesprächsangebot von Weihbischof Ansgar Puff, zu dem sich das Gremium am gestrigen Dienstag in einer Sondersitzung beraten hat.

Das von der Kölner Psychologin Ingrid Rasch moderierte Wochenende bot indes für alle Teilnehmer wechselnde Impulse – immer mit Fragestellungen, die das eigene ehrenamtliche Engagement betreffen oder auch die Weiterentwicklung einer Pfarreiengemeinschaft ohne Pfarrer, die sich angesichts einer massiven Ausdünnung pastoraler Kräfte am Ort dennoch als lebendig versteht und immerzu nach Wegen sucht, die bestehende Pastoral am Leben zu erhalten, bedarfsgerecht zu verändern oder auch – zumindest teilweise – sogar neu aufzustellen. Dafür muss aber jeder Mandatsträger auch wissen, woraus er seine Motivation bezieht, um einen Großteil seiner Zeit in ehrenamtliches Engagement zu investieren. Entsprechend hatte Moderatorin Rasch ihre Impulsfragen gewählt. Zum Beispiel: Wann habe ich zuletzt mit jemandem über meinen Glauben gesprochen? Oder: Was nehmen Menschen wahr, wenn sie von außen auf unsere Gemeinden schauen?

„Baustellen an den Kirchen und im Personal“, lautete eine der Antworten. „Angesichts der anhaltenden Sanierungsarbeiten, aber auch wegen Corona eine starke Verunsicherung“, eine andere. Meistens seien nur die Gebäude zu sehen und weniger Menschen, die diese belebten, war ebenfalls zu hören. Das Wort vom „Abbruch statt Aufbruch“ machte die Runde und dass „Köln“ als „Gesprächsblocker“ fungiere. Manche machten bei ihrem imaginären Blick von außen „reaktionären Strömungen“ und ein „Fremdeln mit Kirche, statt eines Angebots von Heimat“ aus. Die Kirche erodiere, es fehlten die vertrauten Gesichter von früher. Und wenn, dann sehe man überwiegend ältere und keine jungen Menschen, so eines der Statements. „Wuselig“ gehe es allerdings rund um St. Nikolaus zu, wenn die Messdienerinnen und Messdiener gerade Gruppenstunden abhielten, eher selten dagegen seien sie in der Kirche selbst zu finden. Und auch viele Gottesdienstangebote gäbe es (noch), wurde positiv vermerkt. Allerdings sei der Weg hinauf auf den Berg für manch einen auch ein mühsamer, da die Kirche nun mal nicht mitten in der Stadt liege. Außerdem war von hohen Kirchenaustrittszahlen die Rede und dass die Gebäude innen und außen eher kalt wirkten, es mehr ein Nebeneinander-Herleben anstatt ein Miteinander-Leben gebe, so eine weitere Einschätzung.

Aber auch die Antworten, mit denen der Satzbeginn „Ich engagiere mich gerne in unseren Gemeinden, weil…“ von jedem Einzelnen vervollständigt werden sollte, boten hinreichend

Gelegenheit für einen regen Austausch untereinander und die Verständigung darüber, was bisher das eigene Engagement getragen hat und was für den Fortbestand eines lebendigen Gemeindelebens dauerhaft unverzichtbar sein wird. Dabei implizierte jedes Gespräch in Kleingruppen, anschließend aber auch im Plenum, sich selbst darüber Rechenschaft abzugeben, was gerade „dran“ ist und worin dabei der eigene Beitrag bestehen könnte.

„Was können wir tun, damit wir mit unseren Vorstellungen in einer Pastoralen Einheit vertreten sind?“ Konkret:Was soll erhalten bleiben und warum? Was von Bestehendem soll wohin verändert werden? Was braucht es ganz neu? Auch diese in der Gruppe behandelten Fragen dienten letztendlich einer Priorisierung von Themen, mit denen sich St. Nikolaus und St. Joseph zukunftsfähig aufstellen und nicht zuletzt in einer Großraum-Pfarrei behaupten wollen. Schließlich ging es in fast allen Arbeitseinheiten darum, einen gesunden Selbststand in Zeiten einer gänzlich neuen Gemeindesituation zu entwickeln.

Dabei landeten Stichworte wie „Glaubenswochenenden“ zur Stärkung der eigenen Überzeugung und „Caritas“ genauso weit vorne wie die „Tauf-, Erstkommunion- und Firmkatechese“, das „Feiern von Festen“ oder die „Unterstützung von Senioren“. Manches davon – zum Beispiel der „Klön an der Kirchtür“ oder eine PGR-Sprechstunde – lässt sich einfacher durchführen als die Neugründung eines Familienkreises, die ausdrücklich gewünschte Realisierung zielgruppenorientierter Gottesdienste, eine noch breiter aufgestellte Öffentlichkeitsarbeit oder der Dialog in die Jugendgruppen hinein; allesamt Wünsche, die sich der PGR auf die To do-Liste schreibt und die zukünftig verstärkt angegangen werden sollen, aber eben auch gewisser Anstrengungen bedürfen, vor allem aber einem Pool verlässlicher Mitstreiter für das eine oder andere Projekt. Auch die Notwendigkeit, demnächst verstärkt priesterlose Gottesdienstformen angesichts schwindender Personalressourcen als Alternative in den Blick zu nehmen, wurde einhellig geteilt. Aber auch, dass dazu eine Ermutigung und Befähigung Voraussetzung ist.

Allenthalben wurde mit dem „Mut zum Experiment“, mit „Kreativität“, „Freiheit“ und auch „gestärktem Selbstbewusstsein“ argumentiert, vertraute Pfade zu verlassen und den Ehrenamtlern mehr Verantwortung zuzusprechen, um grundsätzlich die Perspektiven pastoraler Arbeit am Ort zu weiten. Dabei lautete ein Tipp von Moderatorin Ingrid Rasch, nicht zu viele Dinge auf einmal ins Auge fassen, um stattdessen die Wirksamkeit einiger weniger Vorhaben zu ermöglichen, und sich gleichzeitig auch in größeren Sendungsräumen nach bereits gemachten Erfahrungen zu erkundigen.

Ein weiteres Thema war, dass sich die Vorstände vom PGR und den Kirchevorständen bzw. des Kirchengemeindeverbandes regelmäßig zum Austausch treffen sollten mit dem Ziel, ein eigenständiges Gebilde in der Pastoralen Einheit zu bleiben. An den Liturgie-Ausschuss wurde seitens des PGR der Wunsch gerichtet, doch zu überlegen, ob nicht ein Gottesdienst pro Monat durch bestimmte Gruppierungen (Kirchenchor, kfd, PGR, Pfadfinder, KjG …) mit anschließendem Klön mitgestaltet werden könne. Außerdem gab es von Ingrid Rasch den Hinweis zu einer möglichen Qualifizierung von ehrenamtlichen Bestattungsbeauftragen (nach Antrag des Pfarrers beim Generalvikariat), wie es sie in ihrer Kölner Innenstadtgemeinde St. Severin bereits seit einigen Jahren gibt.

Die anstehende Schließung von St. Nikolaus – auch darüber wurde intensiv gesprochen – bietet mit einer möglichen Verlegung der Sonntagsmesse nach St. Joseph indes die Möglichkeit, Infos über neue Entwicklungen in der jeweils anderen Gemeinde noch intensiver auszutauschen und damit das „Wir-Gefühl“ der Menschen beider Kirchorte noch einmal wesentlich zu stärken.

Text und Foto – Beatrice Tomasetti