Ab dem 4. Jahrhundert ist ein Fest für alle Heiligen überliefert. Die frühen Christen gedachten am Sonntag nach Pfingsten aller Heiligen, denn sie waren vom Osterfest lange nicht wegzudenken. Dieser „Herrentag aller Heiligen“ geht auf Johannes Chrysostomus zurück und wurde damals am Oktavtag von Pfingsten gefeiert. In der griechisch-orthodoxen Kirche hat sich dieser Festtermin bis heute erhalten. Das Leben der Heiligen wurde als Spiegel des Heilsgeschehens an Ostern verstanden. In dieser Wiese versteht es auch der Apostel Paulus im 1. Korintherbrief, wenn er von der Auferstehung spricht (vgl. 1 Kor 15,23).
Liturgiegeschichtlich liegt der Ursprung des Allerheiligenfestes in der Weihe eines heidnischen Tempels in Rom, der allen Göttern des Heidentums geweiht war und nun zu einer christlichen Kirche wurde. Diese Kirchweihe fand wahrscheinlich im Jahr 609 statt. Dieser heidnische Tempel ist in Rom bis heute erhalten und trägt den Namen „Pantheon“, also gebaut und gewidmet allen Göttern des Heidentums zur Ehre. Er wurde nun geweiht auf den Titel „Maria, Königin aller Märtyrer“. Daraus ist aber keinesfalls der Schluss zu ziehen, dass die katholische Kirche Heilige wie Götter betrachte. Joachim Kardinal Meisner erklärte einst in einer Predigt zum Allerheiligentag: „Die Heiligen der Kirche sind keine Nachfahren der heidnischen Götter. Sie sind überhaupt keine selbstständigen Nothelfer, an die wir uns wenden könnten, weil der ewige Gott gleichsam keine Zeit für unsere kleinen und großen Sorgen hätte. Die Heiligen der Kirche stehen nicht in sich selbst. Sie sind vielmehr die Türen, die über sich selbst hinausweisen in die Herrlichkeit des lebendigen Gottes hinein.“
Ab dem 8. Jahrhundert verblasst der Zusammenhang von Ostern und dem „Herrentag aller Heiligen“ allmählich, sodass er zunächst in Irland am 1. November gefeiert wurde. Im Vordergrund stand nicht mehr das Osterfest, sondern die vergehende Natur: Anfang November begann in Irland der Winter und das neue Jahr. Irische Missionare brachten das neue Allerheiligenfest im 9. Jahrhundert auf den Kontinent. Der Termin von Allerheiligen passt auch deshalb in den Totenmonat November, weil sich der lebende Christ durch Jesus Christus mit den Toten verbunden weiß. Die sichtbare Vergänglichkeit in der umgebenden Natur sensibilisiert den Menschen für die Vergänglichkeit der irdischen Welt. Dadurch öffnet sich der Blick auf das Leben nach dem Tod und die Vorbilder dorthin: alle Heiligen.
Im Jahr 835 setzt Papst Gregor IV. das Fest offiziell im Kalender fest. Die Kirche gedenkt an diesem Tag nicht nur der vom Papst heiliggesprochenen Frauen und Männer. An Allerheiligen wird auch jener Menschen gedacht, die ihren Glauben still gelebt und ihr Christsein konsequent verwirklicht haben. Daraus ergibt sich eine erweiterte Definition des Heiligenbegriffs, die an das Verständnis der Paulusbriefe anknüpft. Auch Papst Franziskus nimmt in seinem Dokument „Gaudete et exultate“ (Freut euch und jubelt) dieses weite Verständnis des Heilig-Seins auf.
Dazu passt die Einführung des Festes Allerseelen. Von Abt Odilo von Cluny zunächst im Jahr 998 in den ihm unterstellten Klöster eingeführt, dient der Allerseelentag heute in der ganzen katholischen Kirche der Fürbitte nach Vollendung der Verstorbenen bei Gott. Über viele Jahrhunderte haben sich die Gläubigen damit befasst, wie sie den Verstorbenen bei der endgültigen Erlösung helfen können. Vor allem durch „gute Werke“ an den armen Menschen im Diesseits wollte man den Seelen im Jenseits helfen. Aus dieser Haltung ergibt sich der Brauch, auf den Friedhof zu gehen, eine Kerze am Grab der Angehörigen zu entzünden und für sie zu beten. Das sogenannte Seelenlicht ist Symbol für das Ewige Licht. Das Licht ist ein an diesem Tag fester Bestandteil des Brauchtums. Jesus Christus als Licht ist die Verbindung zwischen Lebenden und Toten. Oft hat sich auch der Brauch erhalten, Gräber mit Weihwasser zu besprengen und damit an die Taufe zu erinnern. Am Allerseelentag sind außerdem feierliche Prozessionen zum Friedhof Brauch, bei denen Priester die Gräber segnen.
Das Doppelfest Allerheiligen und Allerseelen soll die Christen an die Lehre vom Fegefeuer erinnern. Das Bild des Fegefeuers geht unter anderem auf das Konzil von Trient zurück. Dahinter steht der Gedanke, dass alle Menschen Fehler und Sünden gemacht haben. Da von Gott beim Endgericht ein gerechtes Urteil über das Leben erwartet wird, dient das Fegefeuer als Zeit und Ort der Buße, bevor die Seele in den Himmel kommt. Das Fegefeuer ist also keineswegs mit der Hölle zu verwechseln.
Die Christen sind – wie an jedem anderen Tag auch – angehalten, den Verstorbenen durch Gebet, Fasten und Buße zu helfen. Durch diese Fürsprache verkürzt sich die Zeit im Fegefeuer.
Text – Erzbistum Köln
Foto – Beatrice Tomasetti