Der Diözesanpastoralrat befasste sich mit der Herausforderung, den Glauben lebendig zu halten und eine Verbundenheit mit Kirche zu sichern
Wie kann es in den Gottesdiensten gelingen, wieder stärker „anzudocken“ bei den Menschen und ihrer jeweiligen Lebenssituation, ihren Fragen und Bedürfnissen? Mit dieser Frage – und beispielhaften Antworten darauf – befasste sich der Diözesan-Pastoralrat bei seiner Sitzung am vergangenen Samstag. Dabei geht es nicht ausschließlich um die Feier der Eucharistie, wiewohl diese im Zentrum der kirchlichen Gottesdienste steht, wie Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki herausstellte. Ihm ging es auch darum zu fragen, „welche Gottesdienstformen wir bisher noch gar nicht im Blick haben und was es noch neu zu entdecken gibt“.
Denn die Kirche kennt eine Vielfalt traditioneller und neu entwickelter Formen gottesdienstlichen Lebens: so das Stundengebet als eine Weise, jeden Tag durch Gebetszeiten von der „Laudes“ bis zur „Vesper“ und „Komplet“ zu gliedern und zu gestalten, allein oder in Gebetsgemeinschaft. Oder die Eucharistische Anbetung, die vor allem dem Bedürfnis nach Stille und ruhiger Betrachtung entgegenkommt, die aber überlegt eingesetzt und gestaltet als kontemplative Gottesdienstform auch eine eigene Anziehungskraft entfalten kann.
Das „Bibel-Teilen“ wird inzwischen in vielen Gemeinden und Gremien praktiziert (so auch im Diözesan-Pastoralrat): Mit unterschiedlichen Zugängen und Methoden erschließen die Versammelten das Wort Gottes in und für die jeweilige Gemeinschaft und stellen sich so dem konkreten „An-Spruch“ Gottes. Damit einher geht eine immer innigere Vertrautheit mit der biblischen Botschaft und die schließlich selbstverständliche Frage, was sie in der aktuellen Situation konkret „zu sagen hat“.
Mit „Update“ hat der Seelsorgebereich „Düsseldorfer Rheinbogen“ im Süden der Landeshauptstadt eine ganz eigene Gottesdienstform entwickelt, die sich bewusst vor allem an Menschen wendet, die eher nicht zu den üblichen Kirchenbesuchern zählen. Diese Gottesdienste leben nicht zuletzt vom ehrenamtlichen Engagement vieler Mitwirkender. Jeweils an einem Freitagabend geht es darum, in Begegnung und Austausch, mit moderner Musik und im Hören auf das Gotteswort die Menschen sensibel anzusprechen und „abzuholen“, sie erfahren zu lassen, dass sich Kirche für sie interessiert und der Glaube relevant für sie sein kann. Bei der Idee dieser neuen Form stand die Frage im Mittelpunkt, wie Menschen angesprochen werden können, die mit traditionellen Gottesdiensten nicht erreicht werden.
Solche Formen und Ansätze lassen ihre Verbundenheit mit der Eucharistie erkennen, aber zugleich auch, dass sie diese weder ersetzen können noch wollen – deren zentrale Stelle im Leben der Kirche bleibt unbestritten. Denn in ihr kommt zum Ausdruck, „was den Kern aller Gottesdienstfeiern ausmacht und zugleich den Kern des christlichen Glaubens: nämlich Tod und Auferstehung Jesu Christi“, so Kardinal Woelki. Jesus selbst gibt darin seinem Leiden und Sterben eine Deutung und Bedeutung: Es geschieht „für“ andere, nämlich „für“ uns. „Wer sich damals wie heute um den Tisch des Herrn versammelt, lässt sich von Jesus aktuell in das Erlösungsgeschehen hineinnehmen, denn die liturgische Feier hebt hervor, dass das Heilsangebot Gottes für alle nun speziell den Mitfeiernden gilt: ‚Das ist mein Leib für euch‘.“
Die Feier der Eucharistie (und „Kommunion“) führe nicht nur in das Zentrum des Glaubens, sondern auch in das Zentrum der Kirche – als „communio“, nämlich Gemeinschaft derer, die sich von diesem Mahl stärken lassen für ein Handeln im Sinne Jesu: dem Nächsten zugewandt. Zugleich stellte der Erzbischof klar: „Die sonntägliche Eucharistie ist mehr als die Tankstelle, die ich anfahre, wenn ich Kraftstoff brauche. Denn anders als eine Tankstelle, an der ich mich sonst nicht weiter aufhalten möchte, braucht die Feier der Eucharistie den Kontext kirchlichen Lebens vor Ort.“ Die Orte der sonntäglichen Eucharistiefeier dürften daher keine „Inseln der Seligen“ sein, sondern brauchen ihre Heimat in einem kirchlichen Leben vor Ort. „Kirche ist kein Tankstellenbetreiber für Vorbeikommende, sondern die Gemeinschaft derjenigen, die die Quelle ihres Kraftstoffs entdeckt haben“, so Woelki.
Der Diözesanpastoralrat befasste sich auf seiner Sitzung auch mit einer Studie des Kölner „rheingold“-Instituts, die dem Gremium vorgestellt wurde. Sie fragt nach den Bindungskräften und Gründen, die Menschen dazu bewegt, in der Kirche zu bleiben. Dabei zeichnet sich ab, dass die Bindungsfaktoren der Menschen breit gefächert sein können – etwa der Wunsch nach Halt und Aufgehobensein bei Gott, das Leben in Gemeinschaft oder die Wertschätzung der caritativen Fürsorge der Kirche. Aber auch Suche nach Spiritualität sowie die alte Sehnsucht nach Erlösung und Auferstehung sind starke Motive für eine kraftvolle Kirchenbindung. In einem nächsten Schritt werden sich verschiedene diözesane Gremien mit der Studie befassen, sie auswerten und die Ergebnisse auch im Blick auf den Pastoralen Zukunftsweg in die weitere Diskussion einbringen. Die Studie war im Auftrag des Erzbistums erstellt worden.
Kardinal Woelki vermerkte dankbar, dass im Fokus der Beratungen und Diskussionen immer mehr die zentrale Frage und Herausforderung steht, den Glauben lebendig zu erhalten. Alles Tasten und Suchen solle dazu führen, schließlich entscheiden zu können, wohin und wie „Kirche“ im Erzbistum Köln gehen könne. Die vorgestellten Ansätze ließen schon nächste Schritte erkennen und könnten zu einer Vision wachsen – wenn es gelingt, lebensrelevante Themen zu identifizieren und den Menschen in einer Sprache zu antworten, die ihnen in ihrem Leben helfen. Überall sei dazu vor allem eine evangeliumsgemäße „Willkommenskultur“ erforderlich, von Wertschätzung, Offenheit und Verantwortlichkeit geprägt.
Text – PEK-Nachricht vom 23. Januar
Foto – © Medienrehvier, Anja Brunsmann