Martin Meyer ist der neue Kirchenmusiker an St. Nikolaus und St. Joseph

Martin Meyer

„Erfolgreiche Musik sollte sich im Gesicht widerspiegeln. Der beste Moment einer Probe oder eines Konzertes darf ruhig ein Lächeln der Seele sein.” Wer Martin Meyer beim Musizieren beobachtet, der erlebt Emotionen und Leidenschaft, Engagement und Intensität. Denn tiefe Empfindungen zu wecken – bei sich und bei anderen – das ist der Anspruch, mit dem der A-Kirchenmusiker jedes musikalische Projekt angeht. Seine Arbeit versteht er – wie er erklärt – als Beziehungsarbeit: mit Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen, die ein Herz für Musik haben. „Musik aufschließen“, die Tür einen Spalt weit aufmachen, um in eine ungekannte Dimension einzusteigen und dort etwas Wertvolles zu finden – so nennt er das, was ihm zum Lebenselixier geworden ist. Denn der Orgelexperte und Chordirigent versteht sich in allererster Linie als Vermittler von Musik, der die Kommunikation und den Austausch sucht. „Meine Vorstellung war nie, irgendwo alleine am Orgelspieltisch zu sitzen und womöglich für die Gemeinde unsichtbar zu sein. Immer wollte ich beim Musizieren den unmittelbaren Kontakt und Dialog mit meinen Zuhörern“, sagt der 40-Jährige, der am 1. Oktober die Stelle als Seelsorgebereichsmusiker an St. Nikolaus und St. Joseph antritt.

In Kolumbien geboren und in Düsseldorf aufgewachsen, kehrt Meyer nach acht Jahren in Berlin und einem Jahr in Norddeutschland, wo er zuletzt als Institutionsleiter der Lübecker Knabenkantorei an St. Marien tätig war, auf eigenen Wunsch wieder ins Rheinland zurück, um hier mit seiner Familie dauerhaft heimisch zu werden. Er gilt als charismatischer Musiker, der mit Präzision und Enthusiasmus geistliche Vokalmusik musiziert. Dabei ist ihm die Orgel, sein Erstinstrument, das er ganz hervorragend beherrscht, immer wieder auch wichtiges Ausdrucksmittel.

An der Kölner Hochschule für Musik und Tanz studierte Meyer Kirchenmusik – unter anderem bei Domorganist Winfried Bönig – außerdem Musikwissenschaft und -pädagogik. Nach seinem Studium wurde der Kölner Dom dann für zehn Jahre seine musikalische Heimat: ersten Stationen als Assistent beim Kölner Domchor folgte schließlich ein weiteres Engagement beim Vokalensemble Kölner Dom – beide Chöre stehen unter der Leitung von Domkapellmeister Eberhard Metternich. Von 2012 bis 2014 kam dann eine Tätigkeit im Kulturmanagement dazu. Denn im Auftrag der Deutschen Bischofskonferenz leitete Meyer verantwortlich den Bereich Kultur beim Eucharistischen Kongress, der 2013 in Köln ausgerichtet wurde. „Damals bestand mein Auftrag darin, das Thema Eucharistie aus der Dimension des Glaubens in ein zeitgemäßes Kulturgeschehen zu übersetzen und es so erfahrbar zu machen.“ Bei dieser Form des Kulturmanagements sei ihm sein Organisationstalent, in Konzepten und Strukturen denken zu können, zugute gekommen.

Fünf Jahre lang war er dann für die Universität der Künste in Berlin (UdK Berlin) als Chorleiter beim Knabenchor des Staats- und Domchor, Berlins ältester musikalischen Einrichtung, tätig. In der künstlerisch-pädagogischen Chorarbeit mit Kindern und Jugendlichen, wo junge Menschen ihre eigene Stimme und künstlerischen Ausdruck als Teil ihrer Persönlichkeit entdecken, fand er eine auf ihn zugeschnittene Aufgabe. Gleichzeitig unterrichtete er an der UdK Master-Studierende mit einem Lehrauftrag im Fach Chorleitung/Dirigieren. Außerdem wirkte er in Berlin mehrere Jahre bei der oratorischen Sing-Akademiesowie demKronenchor Berlin-Friedrichstadt als Chordirigent mit.

Neben eigenen Konzertprojekten hat sich im Verlauf von zahlreichen Einstudierungen und Konzertreisen immer auch ein lehrreicher Kontakt zu Musikerpersönlichkeiten und Ensembles aus ganz Europa ergeben. In Meisterkursen arbeitete Meyer mit Knut Nystedt, Daniel Reuss, dem Chamber Choir of Europe sowie Voces8 zusammen. Die Gründung seines Ensembles „Vokalexkursion“, ein gemischtes Oktett von acht Solostimmen, ist längst zu einem bekannten und prämierten Klangkörper gereift, der sich mit Klangkultur und Interpretationsfreude vokaler Kammermusik verschrieben hat.

„Neunjährigen Mozart erklären, Jugendlichen eine Mahler-Sinfonie erschließen, überhaupt Musik erfahrbar machen – das ist mein Ding“, sagt der zukünftige Bensberg-Moitzfelder Kantor, der seinem Kirchenmusikstudium sehr bewusst noch ein Schulmusikstudium angeschlossen hat. „Musik ist nun mal ein Angebot, zu eigenen Empfindungen vorzudringen und klangliche Sinnlichkeit zum Ausdruck zu bringen.“ Er freue sich auf die Chöre in St. Nikolaus und St. Joseph, auf die Zusammenarbeit mit den Kitas, Schulen, Familien und vor allem darauf, die unterschiedlichsten Lebensmomente mit Musik zu füllen. „Ich bin gerne mit Menschen“, betont er. Und er wolle Erfahrungsräume für die Freude an kirchenmusikalischer Tradition eröffnen. „Schließlich hat das Kirchenjahr ein thematisches Spektrum, wie es auch jedem menschlichen Leben eigen ist: leben, lieben, sterben, hoffen.“

Musik sei für ihn der Beweis, dass es noch etwas Größeres gebe. „Musik ist der ultimative Proviant für die Höhen und Tiefen des Lebens. Sie ist“, lacht der gebürtige Südamerikaner, „wie ein Schweizer Taschenmesser, um manche Windung des Lebens gut zu überstehen. Deshalb kann man als Kirchenmusiker auch nie die Krise kriegen.“

Text und Foto – Beatrice Tomasetti