Kreuzweg – Station 7

Jesus fällt zum zweiten Mal unter dem Kreuz

Station-7
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Wer nicht sein Kreuz trägt und mir nachfolgt, der kann nicht mein Jünger sein.
(Lk 14, 27)

Jesus liegt zum zweiten Mal auf den Knien, niedergebeugt unter drückenden Last des Kreuzbalkens, den er schleppt. In fast grotesker Verrenkung halten seine Arme das kantige Holz, das er nicht quer über den Schultern, sondern längs auf seinem Rücken mit sich geschleppt hat. Ein wenig nur müsste man es aufrichten, damit es als Marterpfahl senkrecht dasteht, an dem der Delinquent mit nach hinten gefesselten Händen auf seine Folterung und Hinrichtung wartet.

Jesus ist nicht allein unter die Last des Kreuzes gebeugt. Fünf Balken recken sich klagend – oder vielleicht auch bedrohlich wie aufgerichtete Geschützrohre – in den fahlen Himmel, aus dem das Licht einer verblassenden Sonne auf diese Gruppe von Menschen fällt, die je unter ihr Kreuz gebeugt sind. Jesus bildet gleichsam die Spitze dieser Gruppe; neben ihm sind eine Ordensschwester und die Gestalt eines Farbigen zu sehen. Sie stehen stellvertretend für die zahllosen Menschen aller Zeiten, die ihren Leidensweg als Teilhabe am Kreuzweg des Herrn verstanden haben.

Mit der Ordensschwestern in der Tracht einer Karmelitin rückt Sieger Köder die Selige Edith Stein an die Seite Jesu, eine Frau, deren Schicksal ja auf doppelte Weise mit dem Kreuz Christi verknüpft ist:

Zum einen bezeugen ihr Ordensname Teresia Benedicta a Cruce und ihre Studie über den Hl. Johannes v. Kreuz mit dem Titel „Kreuzeswissenschaft“ ihre tiefe geistliche Verbindung mit der Kreuzesthematik. Auf unserem Bild richtet sich ihr Blick auf diesen Jesus, dem sie seit ihrer Bekehrung mit aller Leidenschaft und Hingabe nachzufolgen trachtet.

Zum anderen stellt ihr persönliches Schicksal, ihre Deportation ins Konzentrationslager Auschwitz auf Grund ihrer jüdischen Herkunft und ihr Gang in die Gaskammer an der Seite ihrer jüdischen Volksgenossen, einen erschütternden Kreuzweg dar, auf dem das Vertrauen auf einen Gott „jenseits der Hölle von Auschwitz“ einer äußersten Belastung ausgesetzt wurde.

Als ehemaliges Mitglied des Kölner Karmel und als Patronin der Kapelle im Bensberger KardinalSchulte-Haus stellt die Gestalt Edith Steins den Bezug zu den vielfältigen Erfahrungen der Kreuzesnachfolge auch hier in Bensberg und in der Kirche von Köln her.

Auf der anderen Seite Jesu erkennen wir die gebeugte Gestalt eines Afroamerikaners, der an das düstere Kapitel von Sklaverei und Apartheid erinnert. Die brutale Missachtung der Menschenwürde gerade auch durch Christen, die in dieser Entwürdigung von Mitmenschen nicht nur keinen Widerspruch zu ihrem Glauben entdeckten, sondern sich sogar durch die Bibel dazu ermächtigt wähnten, ist ein finsteres Kapitel christlicher Geschichte, das wir nicht verdrängen dürfen. Ist es nicht der rettenden und heilenden Kraft, die vom Kreuz Christi ausgeht, zuzuschreiben, wenn viele der so Geschundenen eben nicht in der Verzweiflung endeten oder ihr Heil in der Gegengewalt suchten, sondern sich nach ihrem Gott ausstreckten, dem sie zutrauten, dass er die Verblendung der Menschen beenden und ihr Geschick wenden könnte? Jedenfalls bezeugen die Spirituals der amerikanischen Negersklaven und die auch durch 30-jährige Kerkerhaft nicht zerstörte Versöhnungsbereitschaft eines Nelson Mandela eine innere Kraft, die unverständlich bleibt ohne die Hoffnung, welche von Jesu Weg durch Kreuz und Tod hin zur Auferstehung ausstrahlt.

Hinter dieser Dreiergruppe werden noch zwei weitere Kreuzbalken sichtbar; wer sie trägt, ist nicht erkennbar. Die beiden Schächer vielleicht, die mit Jesus gekreuzigt wurden – oder vielleicht die große Zahl all jener, an denen sich der Hass, die Intoleranz und die Gewalt dieser Welt austobte, weil sie in ihrem Eintreten für Menschlichkeit, Freiheit, Versöhnung, Gewaltlosigkeit und Güte den Interessen der Mächtigen in die Quere kamen oder verblendeten Fanatikern unerträglich erschienen. Die Last des Kreuzes ist oft genug erdrückend und zwingt, den er es tragen muss, in die Knie. Was kann uns helfen, wenn unser Kreuz uns in den Staub drückt; wenn wir mit unserer Kraft am Ende sind und aus Eigenem nicht mehr auf die Füsse kommen? Dürfen wir dann auch, wie Paulus, das Wort Christi hören: „Meine Gnade genügt dir; denn sie erweist ihre Kraft in der Schwachheit“? (vgl. 2Kor 12, 9)

 

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