Kardinal-Schulte-Haus: Homeoffice in ländlicher Idylle

Was tun, wenn es zuhause zu trubelig zugeht, um in Ruhe arbeiten zu können? Im Kardinal-Schulte-Haus kann sich, wer will, nun für halbe oder ganze Tage einmieten. Ein Schreibtisch, funktionierendes WLAN und Kaffee sind „all inclusiv“.

Das Gastronomie- und Hotelgewerbe trifft der Lockdown hart. Davon ausgenommen sind auch die Tagungshäuser des Erzbistums Köln nicht. Seit vergangenem März müssen immer wieder langfristig geplante Kongresse, kirchliche Großveranstaltungen, Wochenendseminare und Kurse abgesagt werden. Nach einem kurzen „Zwischenhoch“ in Sommer und Herbst, als die Corona-Regeln vorübergehend gelockert wurden, kleinere Zusammenkünfte wieder möglich wurden und Geschäftsreisende unterwegs waren, stehen nun erneut viele Zimmer leer. Denn die Beherbergung von Gästen ist zurzeit – bis auf wenige Ausnahmen – wieder strikt untersagt; die üblichen Besuchergruppen werden daher bis auf Weiteres erst einmal nicht kommen.

Aus der Not eine Tugend machen – das will Stefan Uhlmann, seit Juni 2019 Geschäftsführer des Kardinal-Schulte-Hauses. Bereits im vergangenen Sommer, als nach dem ersten Lockdown gerade wieder das Tagungs- und Übernachtungsgeschäft angelaufen, eine volle Auslastung der Räume aber nicht zu erwarten war, entwickelte er die Idee, nebenbei die 44 Einzel- und 114 Doppelzimmer vorübergehend als Büros anzubieten und auf diese Weise Werbung für „Arbeitsplätze auf Zeit“ zu machen.

„Alle Zimmer befinden sich in ruhiger Lage – die meisten mit einem Ausblick ins Bergische Land – und sind täglich zwischen 7 und 22 Uhr nutzbar. Ideal fürs Homeoffice, wenn man in den eigenen vier Wänden nicht die nötige Konzentration zum ungestörten Arbeiten oder für lange Videokonferenzen findet“, argumentiert der 44-jährige Hotelkaufmann. Auch Studenten seien herzlich willkommen, die einmal aus ihrer WG aussteigen wollten, weil es nach Monaten des Homestudying mal eine Abwechslung sein müsse oder ihnen in der zwölf Quadrat-Meter-Bude Tür an Tür mit den Mitbewohnern inzwischen die Decke auf den Kopf falle.

Noch hält sich der Run auf das von Uhlmann entwickelte Arbeitsmodell in gepflegtem Ambiente auf der Bensberger Anhöhe in Grenzen. Das mag auch an den Mietkosten liegen, die für einen halben Tag immerhin bei 35 Euro, für einen ganzen Tag bei 49 Euro und für eine Arbeitswoche mit fünf Werktagen bei 190 Euro liegen, wohlgemerkt inklusive der Nutzung von WLAN, einem kostenfreien Parkplatz und des zum Zimmer gehörenden Badezimmers. Auch die Endreinigung sowie eine Flasche Mineralwasser und eine Thermoskanne Kaffee oder Tee sind bei diesem Paket mit dabei. Und wer mehr Service wünscht, kann ihn sich gegen einen überschaubaren Aufpreis dazu buchen: beispielsweise ein kleines Frühstück zum besseren Start in den Tag. Wie sonst auch soll sich jeder Gast – soweit unter den gegebenen Umständen möglich – wohlfühlen und seinen Aufenthalt genießen. Nur Übernachten – außer für Geschäftsreisende – geht eben nicht.

Das Angebot richte sich vor allem an Angestellte großer Firmen, in deren Großraumbüros es bei Berücksichtigung der Corona-Abstandsregeln schon mal schnell ein bisschen eng werden könne, erklärt der Geschäftsführer des bistumseigenen Tagungshauses. „Natürlich muss auch ein solches Konzept preislich kalkuliert werden, aber es ist eine von vielen Ideen, unser Haus grundsätzlich auch für eine breitere Öffentlichkeit zugänglich zu machen und es mehr noch in der Region zu etablieren. Mir ist wichtig, dass unser Haus näher an die Einheimischen rückt“, betont Uhlmann, der schon Hoteldirektor großer Hotelbtriebe in ganz Deutschland war und nun manche Erfahrung auf Bensberg übertragen will. Bislang sei das KSH angesichts seiner Möglichkeiten doch eher „unterm Radar“ gelaufen, meint er.

Der gelernte Hotelbetriebswirt geht nicht davon aus, dass nach Corona alles so weiterlaufen kann wie vorher. „Wir müssen die touristische Anziehungskraft des Hauses steigern und es breiter aufstellen. Denn grundsätzlich hat das KSH viel Potenzial, das noch nicht voll ausgeschöpft wurde.“ Uhlmann sieht „noch ein paar Felder, die bislang nicht bestellt wurden“ und will neue Akzente setzen – gerade auch als „Haus der Kirche“ – und mehr noch die geistliche Kultur, die hier gelebt wird, in den Vordergrund stellen. Auch die Idee, auf der breiten Aussichtsterrasse mit einem Panoramablick bis nach Köln vorübergehend einen Biergarten zu eröffnen, gehört zu diesem zusätzlichen Profilgewinn, den der Hotelfachmann weiter vorantreiben will.

Mut wird belohnt. Das hat der gebürtige Osnabrücker im letzten Sommer bewiesen. Der Ansturm beim „Projekt Biergarten“ war so groß, dass das Personal kaum hinterherkam. Überraschend viele Ausflügler aus Nah und Fern, aber auch viele Ortsansässige fühlten sich von der Top-Lage und dem neuen, wenn auch zunächst bescheidenen Gastronomieangebot angezogen. Mitunter gab es für die große Nachfrage nicht genug Tische und Sonnenschirme, die in der Zeit von Mai bis Ende August mit großem Abstand zueinander auf dem Aussichtsplateau aufgestellt worden waren. Auch das Winterangebot, ab November Gänsebraten frei Haus zu liefern, übertraf alle Erwartungen der Geschäftsführung.

„Wir haben einfach mal etwas ausprobiert. Schließlich war der Lockdown für uns alle neu; es gab keine Erfahrungen und auch keine Vergleiche. Dann ist es immer auch ein Risiko, wenn man etwas Neues und bisher Unvertrautes anstößt wie jetzt die Tagesvermietung unserer Zimmer, aber es kann eben auch funktionieren.“ Wenn der Hotelbetrieb pandemiebedingt eben nicht mehr floriere, müsse man Phantasie entwickeln und auf andere Weise punkten.

Die Ideen gehen Uhlmann nicht aus. Mit einem neuen kulinarischen Angebot „to go“ – zwei verschiedene Braten mit Beilagen – soll das historische Tagungshaus bei den Bensbergern weiterhin im Gespräch bleiben. Außerdem wird es auch zukünftig, sobald alle Beschränkungen wieder aufgehoben werden, die Arrangements für Kurz- und Wochenendurlauber geben – ergänzt um das Angebot geführter Wanderungen durchs Bergische Land für Kleingruppen. Auch hier will Uhlmann innerhalb der Mitbewerber in der Stadt einen Fuß in die Tür bekommen. Und sobald wieder möglich, soll auch die Außengastronomie mit einer sorgfältig überlegten Karte kleiner Speisen, die eher das Besondere sein sollen, aber ohne Einsatz der Großküche auch machbar sein müssen, wiedereröffnet werden. „Irgendwann im Frühling“, hofft Stefan Uhlmann. „Da bin ich ganz zuversichtlich.“

Eine Buchung der Zimmer ist nur telefonisch unter 02204-4080 möglich.

Text und Foto – Beatrice Tomasetti