Kardinal Woelki übergibt Flüchtlingsboot als Ausstellungsstück an „Haus der Geschichte“
Vor rund eineinhalb Jahren hat das Erzbistum Köln ein Flüchtlingsboot nach Köln geholt, um auf die Not von Menschen auf der Flucht aufmerksam zu machen. Am Sonntag übergab der Kölner Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki das Boot in der Bonner Kirche St. Elisabeth feierlich an das „Haus der Geschichte“. Dort wird es Teil der neuen Dauerausstellung sein. „Es wird nicht das letzte Boot mit schutzsuchenden Menschen sein, das sich auf die gefährliche Reise begibt“, mahnte Kardinal Woelki. „Zehntausende weitere werden sterben, wenn wir nicht jetzt etwas tun.“ Die Politik warnte er besonders vor einer Aushöhlung des Asylrechts. Angesichts der Diskussionen um Neuregelungen, die Asylanträge in der EU erschweren würden, sagte er: „Von einer solchen Regelung ginge ein verheerendes Signal für den internationalen Flüchtlingsschutz aus. Bereits heute vermittelt die EU das Bild einer Gemeinschaft, die die Schutzsuchenden lieber in den Nachbarstaaten halten möchte und nur bedingt aufnahmebereit ist.“ Damit Asylsuchende nicht weiter auf die lebensgefährliche Flucht angewiesen seien, forderte er legale Wege der Einreise. Darüber hinaus sei ein Einwanderungsgesetz notwendig, das Menschen auf der Suche nach Arbeit und Zukunft Chancen eröffne, ohne damit Abwanderung in großem Ausmaß aus anderen Regionen der Welt auszulösen, die die dortigen Menschen vor neue Probleme stelle.
Mit Blick auf den Klimawandel, der ebenfalls eine der Ursachen von Migration und Vertreibung ist, wurde er von Dr. Martin Bröckelmann-Simon, Geschäftsführer von Misereor, unterstützt. „Klimawandel ist keine Bedrohung, er ist Realität“, betonte Bröckelmann-Simon. „Weltweit wurden allein im letzten Jahr 24 Millionen Menschen durch Naturkatastrophen zu Vertriebenen. Schon jetzt haben Menschen im Pazifik ihre untergehenden Inseln endgültig verlassen und anderenorts Zuflucht suchen müssen. Hunderte Millionen nicht nur dort, sondern in vielen Küstenzonen der Erde könnten gezwungen sein, ihnen zu folgen, wenn wir nicht umsteuern.“ Er erinnerte insbesondere die zukünftige Bundesregierung an ihre Verantwortung, vor allem im Energiesektor stärker als bisher Treibhausgasemissionen zu senken und andere Länder finanziell bei der Bewältigung und Anpassung an den Klimawandel zu unterstützen. Gemeinsam forderten Kardinal Woelki und Bröckelmann-Simon die Teilnehmer der heute beginnenden Klimakonferenz COP 23 in Bonn auf, für den Schutz des Klimas zu kämpfen – sowohl in Deutschland als auch vor Ort in den Ländern des globalen Südens.
Der Direktor des Hauses der Geschichte in Bonn, Prof. Dr. Hans-Walter Hütter, nahm Bezug auf die Bedeutung des Flüchtlingsbootes im Rahmen der neu gestalteten Ausstellung: „Hunderttausende von Menschen sind in den vergangenen Jahren nach Deutschland geflüchtet. Viele versuchten, über das Mittelmeer nach Europa zu gelangen. Das Flüchtlingsboot steht als Symbol für diese dramatischen Ereignisse in der neuen Dauerausstellung im Haus der Geschichte, die wir am 11. Dezember eröffnen. Es erzählt anschaulich die Ereignisse der jüngeren Vergangenheit und weist auch auf Probleme der Gegenwart und Zukunft hin.“
In den vergangenen Monaten hat das Flüchtlingsboot unter der Überschrift „Alle in einem Boot“ in 14 Pfarrgemeinden, Schulen und anderen kirchlichen Einrichtungen Halt gemacht. Darüber hinaus war es in einer Sonderausstellung in Hannover zu sehen. Den Abschluss bildete die Station in der Bonner Kirche St. Elisabeth. Das Erzbistum Köln hatte das sieben Meter lange und 800 Kilogramm schwere Flüchtlingsboot im Mai 2016 erworben und nach Köln geholt. An Fronleichnam 2016 stand es auf dem Kölner Roncalliplatz und diente im Gottesdienst mit Kardinal Woelki als Altar. In seiner Predigt betonte Kardinal Woelki: „Wir wollen den Menschen auf der Flucht verdeutlichen, dass Christus sich so mit ihnen identifiziert, dass er mit ihnen im Boot sitzt. Sie sollen hier bei uns eine neue Lebensperspektive gewinnen.“
Vor einigen Jahren beschlagnahmte die maltesische Armee das Flüchtlingsboot bei einem Rettungseinsatz. Libysche Schleuser versuchen, in solchen primitiven Holzbooten bis zu 100 Menschen über das Mittelmeer zu bringen. Immer wieder kommt es zu Todesfällen. Die Menschen haben keinerlei Möglichkeit, sich vor Sonne, Kälte oder Wellen zu schützen. Gepäck, Proviant oder Wasser dürfen meist nicht mitgenommen werden, weil kein Platz dafür gelassen wird, um noch mehr Menschen an Bord bringen zu können. Die Menschen an Bord leiden unter Sonnenbrand, Erschöpfung, Atemnot oder werden zerquetscht.
Im März dieses Jahres war das Flüchtlingsboot auch in der Refrather Kirche für zwei Wochen in St. Johann Baptist zu sehen.
Text – PEK-Nachricht vom 5. November
Foto – Beatrice Tomasetti