Die 150 Psalmen der Bibel gehören zur Weltliteratur. Wer kennt nicht den Psalm 23 „Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts fehlen“ oder die Mendelssohn-Vertonung „Denn er hat seinen Engeln befohlen über dir, dass sie dich behüten“ nach Psalm 91. Auch viele Kirchenlieder haben ihren Ursprung in den Psalmen, dem Gebetbuch der Bibel. Hier findet sich der Mensch mit allen seinen Erfahrungen wieder. Da ist von Wut, Zorn und Angst die Rede, vom Hadern mit Gott, von Krieg und Frieden. Das Leben in seiner ganzen Fülle, mit seinen Hochs und Tiefs, von der Depression bis zur überschwänglichen Lebenslust, von der Trauer bis zur ausgelassenen Lebensfreude, vom Baby bis zum Greis, vom König bis zum Bettler findet in den Psalmen seinen Widerhall.
Außerdem beschreiben die Psalmen den Alltag des Menschen, sein Suchen nach Gott, die Schönheit der Schöpfung und des Universums. Hinzu kommen prophetische Psalmen, die das Königtum Gottes und seines kommenden Messias beschreiben und zum Lobpreis ermuntern. Die Psalmen haben eine trostreiche Botschaft: Am Ende wird alles gut. Beinahe jeder der 150 Psalmen endet in einer zuversichtlichen Grundstimmung, die sich bis zum großen Lobpreis in Psalm 150 steigert: „Alles, was atmet, lobe den Herrn.“ Es lohnt sich, auf Gott zu vertrauen. Es lohnt sich, seine Herrlichkeit zu besingen. Es lohnt sich, auf geraden Wegen durchs Leben zu gehen.
Ein Konzert, in dem das alles lebendig werden soll, findet am kommenden Sonntag, 27.09.2020 um 20 Uhr, in St. Nikolaus als Benefizveranstaltung zugunsten der geplanten Turmsanierung statt. Maria von Blumencron als Sprecherin und Viktor Fischer-Emmerich an der Orgel haben sich daran gewagt, auf experimentelle Art und Weise die Inhalte einiger ausgewählter Psalmen dem Hörer näherzubringen. Die Texte werden gesprochen, bisweilen sogar improvisatorisch singend rezitiert. Die Dramaturgie der Inhalte wird durch Improvisationen an der Orgel verstärkt. Wie in einem Film dienen die Orgelklänge dazu, den großen Spannungsbogen der Menschheit bewusst werden zu lassen und auszudeuten. Das Herz öffnet sich, der Mensch wird von der Musik und vom Wort Gottes berührt. Am Ende zählen nicht mehr die einzelnen Worte, sondern die Erfahrung: Gott ist mit mir unterwegs. Die Improvisation wird zur Filmmusik. Sie deutet das Handeln Gottes und die Sehnsucht des Menschen, eröffnet Räume der Gottesbegegnung. Kaum andere Instrumente als die „Königin der Instrumente“ und die menschliche Stimme als „ursprüngliches“ Instrument, so Fischer-Emmerich, seien in der Lage, diesen großen Bogen zu spannen.
Viktor Fischer-Emmerich studierte Kirchenmusik und Theologie. Zuletzt war er als zweiter Organist an der Päpstlichen Marienbasilika im Wallfahrtsort Kevelaer tätig. Seit 2019 leitet er ein Institut, das sich durch musikalische, theologische und psychotherapeutische Angebote dem Gemeindeaufbau widmet.
Maria von Blumencron ist Autorin, Filmemacherin sowie Schauspielerin und hält zahlreiche multimediale Lesungen zu ihren Büchern. Für ihre Dokumentation „Flucht über den Himalaya“, für die sie mit ihrem Filmteam im April 2000 von der nepalesischen Seite des Himalaya einer tibetischen Flüchtlingsgruppe bis auf den 5716 Meter hohen Nangpa la Grenzpass entgegengegangen war, wurde sie mit 15 internationalen Preisen ausgezeichnet.
2007 war sie Mitbegründerin des Vereins Shelter108 e.V.
Foto – Beatrice Tomasetti