Von der Theorie in die Praxis

Johannes Winkeler und Simon Kierdorf schnuppern zur Zeit ins pastorale Alltagsgeschäft der Gemeinden hinein

Dass Pfarrer Andreas Süß momentan in Begleitung von gleich zwei „Assistenten“ in der Gemeinde anzutreffen ist, verdankt sich eher einem Zufall. Umso mehr freut sich der Leitende Pfarrer, in diesen Tagen Johannes Winkeler und Simon Kierdorf gleichzeitig zeigen zu können, wie vielfältig die Aufgaben eines Seelsorgers sind. Denn bei beiden handelt es sich um Praktikanten, die einmal ins pastorale Alltagsgeschäft einer Pfarrei hineinschnuppern wollen, um daraus möglicherweise weitere Weichenstellungen für ihre Zukunft abzuleiten.

Fest steht das jedenfalls jetzt schon für Johannes Winkeler. Der 27-jährige Theologiestudent aus Bonn hat sich nämlich entschieden, Priester zu werden. Und so fällt Süß für die nächsten sechs Wochen – bis einschließlich Ostern – auf Bitte des Direktors des Bonner Theologenkonviktes Collegium Albertinum die Aufgabe des Mentors zu. Entsprechend abwechslungsreich stellt sich für den Priesteramtskandidaten, der im kommenden Jahr zum Diakon geweiht werden möchte, der Einblick in die pastorale Praxis dar. Ihm geht es, wie er sagt, um möglichst viele Eindrücke, wie er sie bereits in den letzten Tagen bei sehr unterschiedlichen Gottesdiensten, Trauergesprächen, Beerdigungen, den gerade angelaufenen Exerzitien im Alltag, aber auch den Aktionen mit den Firmanden oder während der Teamsitzungen mit den Seelsorgern gewinnen konnte. „Hier bin ich sehr konkret gefordert und bekomme eigene überschaubare Aufgaben zugewiesen. Im Studium bleiben die pastoralen Themen doch sehr theoretisch; in der Gemeindearbeit aber erlebe ich deren praktische Umsetzung und was die Menschen zum Christsein motiviert – oder dazu, sich ehrenamtlich zu engagieren. Das ist ein äußerst spannender Prozess für mich.“

Besonders freut ihn, dass er an der Seite von Pfarrer Süß die ganze Bandbreite des gemeindlichen Seelsorgedienstes miterleben darf und mit Gläubigen aller Generationen zusammentrifft: bei Taufen mit jungen Familien, mit Kindern und Jugendlichen in den Schulgottesdiensten, mit den Messdienern, Pfadfindern und KJGlern in deren Gruppenstunden, mit Kranken und Sterbenden im Vinzenz Pallotti Hospital und seinem Hospiz oder mit alten Menschen im Seniorenkreis. Unter Anleitung seines Mentors wird Winkeler außerdem ein auf Jugendliche und junge Erwachsene hin abgestimmtes Konzept für die Kar- und Ostertage im ehemaligen VPH-Schwesternheim der Pallottinerinnen anbieten. Schon jetzt finden außerdem unter dem Motto „Atempause“ täglich viertelstündige Mittagsgebete in der Kapelle des Kardinal-Schulte-Hauses statt, die der angehende Theologe eigenverantwortlich begleitet. Daher ist sich Johannes Winkeler auch jetzt schon sicher, dass ihn seine Erfahrungen in St. Nikolaus und St. Joseph „in seiner Ausrichtung auf den priesterlichen Dienst prägen werden“. Das besondere Profil dieser Gemeinde sei zweifelsohne ihre große Selbständigkeit, aus der heraus viele Ehrenamtler eigenverantwortlich handelten, skizziert er seine Beobachtungen. „Man spürt, dass es hier viele reflektierte Menschen gibt, die aktiv dieses Gemeindeleben mitgestalten.“

Auch Simon Kierdorf, der mit seinen 15 Jahren Schülerpraktikant ist und durch  die Kölner Diözesanstelle „Berufe der Kirche“ für insgesamt drei Wochen nach Bensberg und Moitzfeld vermittelt wurde, begleitet derzeit das Seelsorgeteam bei vielen Aufgaben und Einsätzen. Zu seinen besonderen Erlebnissen zählte bislang die Teilnahme an der Firmvorbereitung, an einer Krankensalbung, einem Treffen der Leitenden Pfarrer im Rhein-Berg-Kreis und einem Coaching für Öffentlichkeitsarbeit über Katholisch.tv. Mit seinem Ministrantendienst in der Edith-Stein-Kapelle während der Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz in der vergangenen Woche hat er zwar nicht unbedingt Alltägliches erlebt, stattdessen eher ein seltenes Highlight. Umso bereichernder hat er für sich diese Frühmessen inmitten der wichtigsten Entscheidungsträger deutscher Pastoral und Kirchenpolitik wahrgenommen. Kierdorf verspricht sich von seinem Praktikum eine hilfreiche Klärung bei der Sondierung eines möglichen Berufswunsches. Denn im Moment schwebt ihm vor, nach dem Abitur Theologie zu studieren.

Text und Foto – Beatrice Tomasetti

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