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Sich einlassen auf ein Leben in Einfachheit und Gemeinschaft

Eine Gruppe von Jugendlichen aus Bensberg und Moitzfeld beteiligte sich an der Fahrt zum Internationalen Jugendtreffen 2015 in Taizé

Einfachheit, Barmherzigkeit und eine innere Freude aus dem Glauben heraus. Auch wenn es sehr schwer fällt, die Erlebnisse der vergangenen Woche in dem kleinen Ort Taizé im Burgund in Worte zu fassen, so sind es wohl die Erfahrungen rund um diese drei Prinzipien, die unsere Gruppe sehr erfüllt und bereichert aus Frankreich zurückkehren ließen. Unser Kleinbus, mit dem wir am frühen Sonntagmorgen aus Bensberg aufgebrochen sind, war gefüllt mit unterschiedlichsten Erwartungen an die bevorstehenden Tage: Während die langjährigen Taizé-Kenner die Ankunft „auf dem Hügel“ kaum erwarten konnten, blickten die Neulinge mit eher verhaltener Neugierde auf die beginnende Woche, die so gar nicht ihrem Alltag zu Hause gleichen würde. Entsprechend groß war bei einigen die Verwunderung, als sie das erste Mal ihre sehr spartanischen Schlafbaracken betraten, in denen wir zu jeweils sechst untergebracht waren. Auch die Sanitäranlagen und das Essen in Taizé machen eine ungewohnte Einfachheit deutlich, zeigen aber gleichzeitig, was das Wesentliche während des einwöchigen Aufenthalts ist.

Im Vordergrund steht das dreimal täglich stattfindende Gebet in der großen Versöhnungskirche. Typisch ist das einfache Sitzen auf dem Boden, das Hören auf die Worte der Heiligen Schrift, mehrere Minuten der Stille und die kurzen Gesänge, die häufig wiederholt werden und in die es sich leicht einstimmen lässt. Wenn kurz vor dem Gebet in Taizé die Glocken läuten, dann unterbrechen die Brüder der ökumenischen Gemeinschaft von Taizé und alle Jugendlichen ihre Arbeit und Gespräche, um sich zum gemeinsamen Gebet zu versammeln. Obwohl sich die meisten erst an diese Regelmäßigkeit gewöhnen müssen, werden die Gebetszeiten für viele zu prägenden Begegnungen mit Gott und hinterlassen die Erfahrung des Sich-Getragen-Wissens in einer großen Gemeinschaft von jungen Menschen, die alle mit denselben Fragen und Hoffnungen in Bezug auf ihren Glauben gekommen sind. Ungewohnt schnell kommt man mit anderen jungen Menschen ins Gespräch und tauscht sich über grundlegende Themen des Glaubens und des Lebens aus. Die Brüder der Gemeinschaft von Taizé gestalten für verschiedene Altersklassen Bibeleinführungen und geben Impulse für die anschließenden Gesprächsgruppen, in denen man Erfahrungen teilt, Fragen und Zweifel äußert und sich vor allem noch einmal viel besser kennenlernt.

Dazu trägt auch die praktische Arbeit bei, die die andere Hälfte des Tages einnimmt. Taizé hat keine Angestellten, die Essen, Unterkunft und Programm organisieren, sondern lebt von der Mitarbeit der jungen Menschen. Diese reicht vom Einsammeln des Mülls über die Hilfe in der Großküche und Reinigen der Sanitäranlagen bis hin zu organisatorischer Arbeit beim Empfang neuer Jugendlicher aus der ganzen Welt. Die Brüder übertragen uns Jugendlichen Verantwortung für unsere Mitmenschen, die wir gerne übernehmen in dem Bewusstsein, mit unseren Fähigkeiten gebraucht zu werden, damit ein Leben in Gemeinschaft funktionieren kann. Dann machen selbst die auf den ersten Blick unangenehmen Arbeiten im Dienst für den Anderen gleich viel mehr Spaß und schweißen gleichzeitig unglaublich zusammen.
Nach dem Abendgebet haben wir uns gerne unter dem im Burgund so atemberaubenden Sternenhimmel getroffen, um den Tag gemeinsam bei Cidre, Kakao und Chips ausklingen zu lassen. Es wird gesungen, gespielt, getanzt. Und auch hier ist es ganz leicht, fremde Kulturen kennenzulernen und neue Freundschaften zu schließen. Für mich ist es immer wieder beeindruckend, dass etwa tausend Jugendliche, die in dieser Herbstwoche mit uns in Taizé waren, so friedlich und mit einer großen Offenheit für den Anderen zusammenleben. Und so ist es wohl das Leben in Gemeinschaft, das Teilen von Gebet und Arbeit sowie der tiefgründige Austausch über Dinge, die uns im Glauben und Leben bewegen, die aus Taizé einen Ort des Vertrauens und der Nächstenliebe machen.

Eine Woche Taizé – das ist ein Sich-Einlassen auf ein Leben in Einfachheit, das so gar nicht unserem häufig unübersichtlichen Alltag in Bensberg entspricht. Umso schwerer fällt jedes Mal der Abschied von schnell liebgewonnenen Menschen, von der Routine der täglichen Gebete, von der offenen und tragfähigen Gemeinschaft, die einem auf einmal Handy und Facebook völlig unwichtig erscheinen lässt. Erfüllt von den Begegnungen mit Gott und untereinander, sind wir nach dieser Woche nach Bensberg zurückgekehrt und haben uns alle vorgenommen, ein Stück der Idee von Taizé mit in unseren Alltag zu integrieren. Vielleicht ist es ein bewussterer Blick für den Nächsten, eine größere Dankbarkeit für unseren Wohlstand oder aber ein regelmäßiges Teilnehmen an Taizé-Gebeten, die wir auch bei uns in der Gemeinde mithilfe unserer persönlichen Erfahrungen wieder aufblühen lassen wollen.

Taizé Fahrt 2015 [1]

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Danke an Leonard Schymura für die Organisation der Fahrt, an der auch Jugendliche seines alten Wirkungsortes Rösrath teilgenommen haben, und an die ganze Gruppe von insgesamt 27 Jugendlichen, die sich in einer großen Offenheit auf das „Abenteuer Taizé“ eingelassen hat und damit sicherlich unsere Gemeinden bereichern wird!

Text – Hanna Kindervater