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Lebhafte Diskussion bei der Pfarrversammlung zur Zukunft der Gemeinden

Wird die Pfarreiengemeinschaft Bensberg/Moitzfeld  bald Teil eines größeren Gemeindeverbandes sein, der das gesamte Stadtgebiet von Bergisch Gladbach umfasst? Wenn es nach dem Willen des Kölner Generalvikariats geht, ist das die wahrscheinlichste Zukunftsperspektive für St. Nikolaus und St. Joseph. Um über diesen Vorschlag und über mögliche Alternativen zu diskutieren, hatte ein Team aus Vertretern des Pfarrgemeinderates, der Kirchenvorstände und Mitgliedern des Pastoralteams gemeinsam mit Pfarrverweser Norbert Hörter zu einer Pfarrversammlung in den Bensberger Treffpunkt geladen.

#ZusammenFinden – unter dieser Überschrift hat Anfang 2022 im Erzbistum Köln ein Prozess begonnen, mit dem bis zum Jahresende der räumliche Zuschnitt der zukünftigen pastoralen Einheiten festgelegt werden soll. Hauptsächlich geht es darum, den Rahmen um die einzelnen Pfarreien und Kirchengemeinden größer zu fassen. Vor ein paar Monaten hat das Generalvikariat einen Vorschlag veröffentlicht, der die Bildung einer pastoralen Einheit für das gesamt Stadtgebiet Bergisch Gladbach vorsieht. Die Pfarreiengemeinschaft Bensberg/ Moitzfeld wäre dann ein integraler Bestandteil dieser Einheit.

Über mangelndes Interesse konnten sich die Veranstalter der Pfarrversammlung nicht beschweren. Die Stuhlreihen im Treffpunkt waren dicht besetzt an diesem schwülen Freitagabend, eilig mussten noch mehr Sitzgelegenheiten herbeigeschafft werden. Die Beschwerden gab es eher auf Seiten des Publikums: Warum überhaupt über Pläne zur Neuordnung der pastoralen Einheiten im Bistum diskutieren, wenn die Gemeindemitglieder doch sowieso kein Mitspracherecht haben, wurde moniert. Die Aufforderung, entweder mit „Ja“ oder „Nein“ über den Kölner Vorschlag abzustimmen, empfanden viele dann auch als reine Farce. Andere sahen ohnehin keinen Diskussionsbedarf, weil sie jeden vom Erzbischof unterstützten Vorschlag grundsätzlich für verbindlich halten.

Pfarrer Norbert Hörter erläuterte den Anwesenden die Hintergründe: Zum einen sei die Zahl der Katholiken im Erzbistum Köln dramatisch zurückgegangen. Bis 2030 werde sie weiter kontinuierlich auf 1,5 Millionen schrumpfen. Dem steht eine ebenfalls abnehmende Zahl von hauptamtlich Beschäftigten in den pastoralen Diensten gegenüber: Sie werde sich nahezu halbieren – von 1000 im Jahr 2020 auf 600 in 2030. Im Erzbistum wird es dann voraussichtlich nur noch 50 bis 60 Priester geben. Faktisch bedeutet das: Die Anzahl der Seelsorgebereiche im Erzbistum sollte diese Zahl nicht überschreiten, da jeder pastorale Raum nur von einem Priester geleitet werden darf. Auch finanziell wird die katholische Kirche im Erzbistum Köln künftig schlechter dastehen, was unter anderem mit dem Ausfall der Kirchensteuer zu tun hat.  Diese Rahmenbedingungen, so Hörter, seien ausschlaggebend dafür, neue Perspektiven für die Pfarrgemeinden zu entwickeln.

Im Frühjahr 2022 hat der Prozess #ZusammenFinden offiziell begonnen. Ein erklärtes Ziel ist es, dass die 178 bestehenden Seelsorgebereiche zu 50 bis 60 pastoralen Einheiten verschmelzen. „Der Prozess soll einvernehmlich ablaufen, nicht ex cathedra“, betonte Hörter. Im Vordergrund stehe dabei die gemeinsame Suche nach dem besten Zuschnitt. Wohlgemerkt geht es dabei nur um den geographischen Zuschnitt, nicht um die Frage, wie die künftigen Einheiten rechtlich oder pastoral gestaltet werden können. Die Pfarrgemeinderäte und Kirchenvorstände sind aufgerufen, eigene Ideen zu entwickeln und konstruktive Vorschläge zu machen, wie die künftigen pastoralen Einheiten aussehen sollten. Die Frist für eigene Voten läuft am 30. September jedoch aus.

Solche Vorschläge aus den eigenen Reihen gibt es durchaus, erläuterte der PGR-Vorsitzende Martin Brochhaus, der die Pfarrversammlung moderierte. Man habe Kooperationen mit den Pfarrgemeinden in Herkenrath, Refrath und Rösrath in Betracht gezogen und Gespräche mit den potenziellen Partnergemeinden geführt. „Leider hat sich abgezeichnet, dass unsere Vorstellungen keinen Anklang finden“, so PGR-Mitglied Manfred Stommel-Prinz. „Wir haben keinen Partner“, resümierte er.  Damit steigt die Wahrscheinlichkeit, dass der Vorschlag aus Köln – eine pastorale Einheit für das gesamte Stadtgebiet Bergisch Gladbach – mangels Alternativen realisiert wird.

Viele Bedenken sind mit einer solchen Fusion verknüpft. „Wir sind eine Gemeinde mit eigenen Gremien und eigenem Vermögen – wie geht es weiter? Wird alles in einen großen Topf geworfen oder bleiben uns noch Gestaltungsspielräume?“, fragte Brochhaus und brachte damit die Sorgen vieler Anwesender auf den Punkt. Alfred Börsch, Mitglied im Katholischen Kirchengemeindeverband Bensberg/Moitzfeld, gab Auskunft zur aktuellen juristischen und finanziellen Aufstellung der Gemeinde. Doch Prognosen konnte und wollte auch er nicht abgeben. „Erst sollen die äußeren Strukturen festgelegt werden, dann die inneren“, erläuterte  Hörter. Es gebe derzeit noch keine konkreten Pläne, wie die künftigen pastoralen Einheiten vermögensrechtlich und pastoral realisiert werden könnten. Er selbst plädiert dafür, möglichst viele Entscheidungsbefugnisse vor Ort zu belassen.

Nach vielen Fakten über die aktuelle Situation der Gemeinden und den Prozess #ZusammenFinden ging es im zweiten Teil der Versammlung um ein Stimmungsbild. Die Teilnehmenden konnten sich dazu äußern, was ihnen mit Blick auf das künftige Gemeindeleben besonders wichtig erscheint. Sie waren aufgefordert, an Flipcharts ihre Gedanken zu bestimmten Themen stichwortartig zu formulieren und sich mit anderen dazu auszutauschen. Am Ende wurden die Ergebnisse noch einmal zusammengefasst und dem Publikum vorgetragen.

Dabei kristallisierte sich eine Vielzahl an Wünschen und Erwartungen heraus.  So wünscht sich die Mehrzahl im Hinblick auf „Seelsorge“ eine bessere Erreichbarkeit der Seelsorger, mehr Gesprächsangebote und Begleitung an Wendepunkten des Lebens. Beim Thema Liturgie zeichnete sich sowohl der Wunsch nach einer Wiederbelebung der klassischen Formate (wie Früh- und Abendmessen) ab wie auch nach dem Experimentieren mit neuen Formen der Liturgie. In Bezug auf die Rolle der ehrenamtlich Tätigen wurde sich vielfach mehr Wertschätzung und weniger Vereinnahmung durch Hauptamtliche gewünscht. Die Überwindung der kirchlichen Krise war ein weiterer wichtiger Punkt, der Anlass zu intensiven Diskussionen bot: Haben wir es mit einer Glaubens- oder einer Glaubwürdigkeitskrise zu tun? Wie ist Versöhnung möglich zwischen unterschiedlichen Strömungen? Wodurch können mehr Menschen für Glaubensthemen und für die Kirche begeistert werden?

Auch ein „Wunschbild von Kirche“ durfte auf einer Tafel skizziert werden. Dabei kam die zentrale Frage auf: Was erwarten junge Menschen von der Kirche? Denn wenn wir heute die Weichen für die künftige Gestalt von Kirche und Gemeinde stellen wollen, sind vor allem die  Vorstellungen der kommenden Generation entscheidend. Auch wenn viele Fragen an diesem Abend unbeantwortet blieben, zeigte die Versammlung doch, dass reges Interesse an Fragen rund um die Gestaltung der Pfarreiengemeinschaft besteht. Für Diskussionsstoff ist also auch weiterhin gesorgt.

Text – Martina Martschin

Foto – Beatrice Tomasetti

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