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Kreuzweg – Station 1

Jesus wird zum Tode verurteilt

Station-1 [1]

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Pilatus sagte zu den Juden: „Euren König soll ich kreuzigen?“ Die Hohenpriester antworteten: „Wir haben keinen König außer dem Kaiser!“ Da lieferte er ihnen Jesus aus, damit er gekreuzigt würde.
(Joh 19, 15f)

„Ecce homo – seht da, der Mensch!“ So mußte es kommen: Jesus, der Menschensohn, als Gotteslästerer und politischer Aufrührer gefangen, gebunden, ausgeliefert. Er ist das Weizenkorn, das zermahlen wird zwischen den Mühlsteinen von religiöser und politischer Macht. Wer die Spielregeln nicht beachtet, wer – wie er – im Namen Gottes das herrschende System in Frage stellt, darf sich nicht wundern über die Gegenreaktion, die er damit provoziert. Jesus wundert sich nicht, er hatte es lange kommen sehen – und war doch unbeirrt seiner Sendung treu geblieben: „Blinden“ die Augen zu öffnen, „Lahmen“ wieder auf die eigenen Füße zu helfen, „Aussätzigen“ wieder ein neues Leben in Gemeinschaft zu eröffnen, „Besessene“ aus ihrer Entfremdung zu befreien – um in all dem die liebende Sorge Gottes um uns Menschen zu verkörpern.

Nun steht er vor Kajaphas und Pilatus, den Repräsentanten jener Machtgefüge, die sich durch ihn bedroht fühlen. Die Hände der drei Gestalten sprechen eine deutliche Sprache: Kajaphas klammert sich an die Thora-Rolle, an das göttliche Gesetz, das ihm heilig ist; er will es schützen vor diesem Provokateur, der beansprucht, über Mose zu stehen. Mit mißtrauisch verkniffener Mine blickt er auf Jesus, der behauptet, der Mensch sei nicht für das Gesetz, sondern das Gesetz für den Menschen da. Das rochettartige Gewand des Kajaphas ruft in Erinnerung, daß auch kirchliche Amtsinhaber immerzu in der Versuchung stehen, „geheiligte Überlieferungen“ und „beständige Lehren“ zu immunisieren und gegen kritische Überprüfung im Geiste Jesu zu schützen. Ist es Kajaphas oder Dostojewskis Gestalt des Großinquisitors, der hier den zum Tode Verurteilten beäugt?

Auf der anderen Seite Pilatus, die weltliche Macht, hineingezogen in diesen zutiefst religiösen Konflikt, den er nicht wirklich begreift. Gehüllt in die Purpurrobe kaiserlicher Macht, versteckt hinter einer Maske skeptischer Distanz – „was ist Wahrheit?“ – wäscht er seine Hände in „Unschuld“. Die Wahrheit ist, daß er sich zum Mittäter macht in diesem Mordkomplott, bei dem der geistliche und der weltliche Arm – so sehr sie auch sonst im Konflikt miteinander liegen – zusammenwirken, um den auszuschalten, der als menschgewordene Liebe und Freiheit die Fundamente beider Herrschaftssysteme ins Wanken bringt. Und so färbt sich das Wasser in der Schüssel blutrot…

Jesus steht aufrecht vor seinen Richtern. Seine Gestalt überragt die beiden und ist in ein Gewand gekleidet, dessen Rot ihn nicht nur als die menschgewordene Liebe charakterisiert, sondern auch die herrscherliche Würde symbolisiert, zu der er sich vor Pilatus bekennt: „Ja, ich bin ein König!“ Ein König nicht von dieser Welt, der sich die kraftvollen Hände, die so zahllose Menschen geheilt haben, binden läßt – und die gekreuzten Stricke deuten schon an, welches Schicksal er bereit ist anzunehmen. Er schaut nach vorne in die Finsternis einer Welt, die sich von der Liebe bedroht fühlt, in die Finsternis des drohenden Todes, vor der er nicht zurückweicht. Wer kann diese Finsternisse aufbrechen, wenn nicht ER, das Licht der Welt?

 

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