Sie brennen für die Botschaft Jesu, begeistern sich für religiöses Leben und wollen Kirche aktiv mitgestalten. Dem allgemeinen Trend zum Trotz. Drei junge Menschen, die sich in unserer Pfarreiengemeinschaft begegnet sind, erzählen davon, warum der Glaube Dreh- und Angelpunkt ihres Lebens ist.
Ihren Weg gegen den Mainstream zu gehen – das ist Elisabeth Maruschke als Marschroute gewissermaßen in die Wiege gelegt. Obwohl sie erst fünf Jahre nach der Wende in Erfurt geboren wird, hatten ihre Eltern – überzeugte Katholiken in der ehemaligen DDR – bis dahin viel Gegenwind durch das atheistische Regime auszuhalten. Das hat auch die heranwachsende Tochter geprägt. „Wer nicht auf Linie war“, zitiert die heutige Studentin aus den Erzählungen ihrer Familie, „musste mit Schwierigkeiten rechnen.“ Dank dieses im Elternhaus selbstverständlich gelebten Glaubens und eigener religiöser Erfahrungen, die sie mit anderen Jugendlichen in geistlichen Gemeinschaften oder bei christlichen Großevents wie den Weltjugendtagen teilt, tritt die 25-Jährige nun absehbar ihren Traumberuf als Kirchenmusikerin an. Auch wenn sie sich bewusst ist, dass sie das unter Gleichaltrigen als Exotin dastehen lässt.
„Schon als Kind war ich von Musik fasziniert und wollte unbedingt Orgel spielen“, erklärt Maruschke, die bereits den A-Kirchenmusiker-Abschluss in der Tasche hat und nach den Studienjahren in Weimar zurzeit noch den Master in Chorleitung an der Hochschule in Würzburg draufsetzen will. „Die ganze Schönheit von Musik lernte ich aber dann erst während meiner Ausbildung kennen: allen voran Bach mit seiner geistlichen Tiefe und pulsierenden Rhythmik oder César Franck mit seiner intensiven Sinnlichkeit.“ Musik berühre Herz und Verstand gleichermaßen – und ermögliche außerdem eine Gotteserfahrung. Davon ist die junge Frau zutiefst überzeugt.
Jedenfalls könne sie auf geradezu ideale Weise bei ihrem Berufswunsch die Begeisterung für Musik mit ihrem Glauben an Gott verbinden. „Das ist für mich die perfekte Kombination“, schwärmt sie. „Auf diese Weise kann ich alle meine Gefühle ausdrücken: das Leise wie auch das Erhabene.“ Außerdem spiele in diese Tätigkeit, die sie als Berufung erlebe, zusätzlich auch das Gemeinschaftserlebnis noch mit hinein: bei Chorproben mit allen Altersgruppen in der Gemeinde und musikalisch gestalteten Gottesdiensten oder Konzerten. „Die beziehungsstiftende Wirkung der Musik erlebe ich als Möglichkeit, dass sich Gott uns mitteilt: als genialer Schöpfer, der Beziehung zu anderen, aber auch zu sich selbst schenken möchte.“
Ihr Glaube sei ihr total wichtig, betont die Studentin. Aber auch, ihn über ihr Spiel an andere weiterzugeben. Darin sieht sie sogar eine Art Auftrag. „Musik macht emotional etwas mit den Menschen. Und vielleicht kann ich sie ja nicht nur damit, sondern auch mit meiner Begeisterung von Gott anstecken.“ Evangelisierung ohne viele Worte – das ist ihr ein Bedürfnis. Die Hauptsache, man bleibe in dem, was man tue, authentisch, meint sie. Auch wenn viele einen anderen Weg wählten als den, sich kirchlich zu engagieren, gebe sie nicht auf, beteuert Elisabeth Maruschke. Diesen Punkt der Sehnsucht im anderen finden, nennt sie das. Und dann könne mitunter die Liebe zur Musik bei der gemeinsamen Suche nach Gott das verbindende Element sein.
Auch wenn ihre erste Liebe der Architektur gegolten habe, gesteht Carola Nussbaum, sei die zweite Wahl, den Magister in Theologie zu machen, dafür die tragfähigere und erfüllendere gewesen. Mittlerweile ist die 26-Jährige im neunten Semester und damit auch im engeren Bewerberkreis für das Berufsziel Pastoralreferentin. „Ich habe schnell gemerkt, dass es mich doch zu den Menschen zieht, dass sie es sind, die mir am Herzen liegen.“ Deshalb absolviert die Bonnerin parallel zum Theologiestudium außerdem noch eine Weiterbildung zur psychologischen Beratung. Schon in ihrer Jugend habe sie Gott als ein „Du“ entdeckt, das in ihr die Sehnsucht nach mehr geweckt habe. „Entscheidend war für mich, dass ich einen ansprechbaren, antwortenden Gott erfahren durfte, der mich ganz persönlich liebt und bedingungslos annimmt. Der es ernst mit mir meint, der immer wahrhaft ‚da ist’ für mich in Freude und Leid, der mich stärkt, führt, mich durch die Krisen trägt und mir eine tiefe Freude schenkt.“
Der Weltjugendtag 2011 in Madrid wird zu einem Schlüsselerlebnis für die damals 18-Jährige. Sie erlebt viele andere Jugendliche, die ähnlich empfinden wie sie. Nach dem Abitur gibt sie dem Drang nach, sich Zeit für diese große innere Sehnsucht zu nehmen: mit dem Besuch der Akademie für Musik und Evangelisation in Altötting und der „School of mission“ der Gemeinschaft Emmanuel. „Das war ein kostbares Jahr“, resümiert Carola Nussbaum rückblickend. Die vielen Projekte, aber auch inständiges Beten für die richtige Entscheidung hätten sie nicht nur nebenbei zur Psychologie gebracht, sondern vor allem zur der Gewissheit, „von diesem Gott künden zu wollen, der so viel Hoffnung in mir gestiftet hat“, wie sie sagt. In ihr reift der Wunsch, Menschen bei ihrer Sinnsuche begleiten zu wollen, aber auch – umgekehrt – von dem zu erzählen, was sie erfüllt. Wer Theologie studiere, lerne, den eigenen Glauben vor der Vernunft zu verantworten und ihn kritisch zu reflektieren. Von dem Kern der Frohen Botschaft sei sie nun mal zutiefst überzeugt.
„Als Pastoralreferentin möchte ich eines Tages einen Raum dafür schaffen, dass Gott in dieser Welt wirken kann.“ Denn auch heute brauche es in der Kirche Menschen, die – wie damals Johannes den Täufer – die Wege ebneten. „Mit meinem Engagement möchte ich ein Teil von Kirche, diesem 2000 Jahre alten starken Glaubenszeugnis, sein“, begründet die Studentin ihre Wahl.
Für die Menschen da sein und ihnen Jesus nahe bringen motiviert auch Clemens Neuhoff, der zurzeit in Bensberg/Moitzfeld das erste Jahr seines Gemeindepraktikums als angehender Priester absolviert und kurz vor seiner Weihe zum Diakon steht. „Ich freue mich, mein Leben ganz in den Dienst Gottes und der Menschen stellen zu können – mit der zunehmenden Gewissheit, dass es das Schönste im Leben ist, eine lebendige Beziehung zu Jesus Christus zu haben.“ Der 28-Jährige stammt aus einer Großfamilie, ist das siebte von elf Kindern und nennt als seine geistliche Heimat den Neokatechumenalen Weg, der ihn schon früh zu der Frage führt: Was will Gott für mein Leben? Eine erste Annäherung an eine Antwort darauf bringen für ihn die Weltjugendtage in Köln und Rio, aber immer wieder auch Wallfahrten „dem Papst hinterher“, wie Neuhoff fröhlich anmerkt. Denn er sucht nach der Gemeinschaft mit Gleichgesinnten seines Alters, aber auch sehr gezielt nach Begegnungen mit dem Heiligen Vater. „Da, wo der Papst ist“, unterstreicht er, „ist Kirche konkret erfahrbar – ubi Petrus, ibi ecclesia.“
Doch auch Neuhoffs Pläne sahen zunächst etwas anderes, nämlich ein Maschinenbaustudium in Aachen, vor. Die Bewerbungsfrist für ein Freies Soziales Jahr verpasst der damals 18-Jährige knapp, und so überbrückt er die Zeit der Entscheidungsfindung im Priesterseminar Redemptoris Mater, eines von weltweit 120 Seminaren des Neokatechumenats, wo er sich in Haus und Garten nützlich macht. Was es heißt, Weltkirche zu erleben, erfährt er immer wieder bei Auslandsaufenthalten: unter anderem in Spanien, Israel, Südafrika oder Nicaragua. Auch der intensiven Erforschung der Heiligen Schrift widmet er sich. Dann stößt er 2012 bei einem Missionspraktikum in Mexiko, das er ebenfalls auf Vermittlung seiner geistlichen Gemeinschaft absolviert, auf das Lukas-Wort „Fürchte dich nicht! Von jetzt an wirst du Menschen fangen“.
Dieser Satz sei wie ein Schwert durch sein Herz gegangen, schildert Neuhoff auch im Nachhinein noch eindrücklich, und habe sich seitdem als „Ruf Gottes“ und „klarer Entschluss ohne jeden Zweifel“ in seinem Leben verfestigt. „Ich erfahre Gott als meinen Vater, der mir eine wunderbare große Familie geschenkt hat, der mich liebt – so wie ich bin – und der mich beruft gerade wegen meiner Schwächen. Genau wie die Jünger damals. Immer wieder zeigt er mir die Schönheit des Glaubens und den Reichtum der Kirche.“ Der Dienst als Diakon und Priester sei letztlich nichts anderes als Menschen zu Christus und damit aus dem Tod zum Leben zu führen. „Je mehr ich mich den Menschen hingebe, desto zufriedener werde ich.“ Das jedenfalls sei seine Erfahrung, betont, der Priesteramtskandidat. „Aus eigener Kraft werde ich meinen Weg nicht schaffen, aber Gott schenkt mir die dafür nötige Gnade. Da bin ich gewiss.“
Text – Domradiobeitrag vom 2. Mai
Bild – Beatrice Tomasetti