Firmung in Pandemie-Zeiten

Eigentlich hätte die diesjährige Firmung in St. Nikolaus schon im Juni stattfinden sollen. Doch Corona hat alle Pläne durchkreuzt. Nun gab es einen zweiten Anlauf im November – mit zwei Feiern für insgesamt 34 Firmlinge.

„Ich lasse mich firmen, weil ich in der Firmvorbereitung meinen Glauben noch einmal bewusst hinterfragt und neu kennengelernt habe. Durch die intensive Beschäftigung mit ihm habe ich auch wieder eine Verbindung zu ihm gefunden.“ So beschreibt eine 16-Jährige ihre Bereitschaft zum Empfang des Firmsakramentes am Ende einer fast einjährigen Vorbereitungszeit. Und ein anderer Firmand argumentiert: „Ich bin Gott auf diesem Weg näher gekommen und fühle mich gut mit meiner Entscheidung, mit ihm eine Freundschaft einzugehen.“ So oder so ähnlich erklären auch die anderen 32 Jugendlichen, was sie in den zurückliegenden elf Monaten für sich erlebt haben und dass es ihnen ernst damit ist, nun auch noch den letzten Schritt zu tun und die selbstbestimmte Entscheidung zu treffen, sich firmen zu lassen.

Doch das ist nicht selbstverständlich. Aus Erfahrung wissen Pastoralreferentin Violetta Gerlach und Ralf Lützenkirchen, ehrenamtlicher Leiter und Koordinator der Firmvorbereitung in der Pfarreiengemeinschaft St. Nikolaus Bensberg und St. Joseph Moitzfeld, dass mancher Firmbewerber im letzten Moment auch noch umschwenken kann und dann sehr ehrlich argumentiert, warum er sich gegen dieses kirchliche Angebot entscheidet. Offenheit ist auch ausdrücklich gewünscht. Denn nun – mit 15 oder 16 Jahren – ist ein eigenes Bekenntnis gefragt. Niemand soll mehr Rücksicht auf die eigenen Eltern oder gar Großeltern nehmen und sich hinter dem Wunsch der Familie „Das Kind muss doch bei der Firmung mitmachen“ verstecken. Authentisch und reflektiert soll diese Entscheidung sein und auf belastbarem Fundament stehen.

Dafür hat das achtköpfige ehrenamtliche Katechetenteam bereits im Dezember des letzten Jahres damit begonnen, mit den Firmbewerbern das Gespräch über den Inhalt dieses Heilig-Geist-Sakramentes zu suchen und ihnen anhand eines sogenannten „Roten Fadens“ die einzelnen Themen, um die es dann später in intensiver Auseinandersetzung gehen soll, vorzustellen. Feste Bestandteile dieses über die Jahre entwickelten Konzeptes sind sonst immer ein Kennlerntag, zwei Wochenendfahrten, die in der Regel die zunächst sehr heterogene Gruppe als Gemeinschaft zusammenschweißen, drei Projektetage und ein Gesprächsabend mit den Eltern. Bei jedem dieser einzelnen Elemente sollen die Jugendlichen ihrem eigenen Glauben mehr auf die Spur kommen.

Doch in diesem Jahr ist alles anders. Corona durchkreuzt die sonst sorgfältig festgelegten Stationen dieser Firmung. Das erste Wochenende, bei dem es in Altenberg um das Wirken Jesu, seinen Tod und seine Auferstehung gehen soll, findet noch statt. Und auch ein greifbares Ergebnis des gemeinsamen Tagens, ein selbst gemaltes Bildes nach der eingehenden Beschäftigung mit der Bedeutung des Kreuzes, kommt noch zustande sowie die wichtige Aufteilung in Kleingruppen mit je zwei Firmbegleitern, die in den kommenden Monaten Ansprechpartner für alle Fragen rund um das Thema Firmung sein sollen. Teamspiele, abends vor dem Schlafengehen gemütlich zusammenhocken, Gesprächsräume schaffen, um über Gott und die Welt zu philosophieren und darüber miteinander zusammenzuwachsen – die erste Etappe einer auf ein halbes Jahr angelegten Wegstrecke gelingt zeitlich gerade noch so eben.

Doch dann bricht nach dem ersten Projekttag im März mit der Fragestellung „Wie und wo finde ich Gott?“ erst einmal alles weg: zunächst die persönliche und auch schon vertrauensvolle Verständigung, die gerade erst begonnen hatte. Und auch die Firmfeier selbst, die für Mitte Juni geplant war, wird abgesagt und coronabedingt auf gleich zwei Tage im November verschoben. Zeitlich weit genug weg vom ursprünglichen Datum, um einigermaßen sicherzustellen, dass sich das Leben bis dahin doch zweifelsohne normalisiert haben wird und es dann bestimmt auch wieder kirchliche Feiern mit der erweiterten Familie geben darf. So jedenfalls die Hoffnung des verantwortlichen Katechetenteams, das nach Absage aller Termine dennoch den Kontakt zu den Jugendlichen in Web-Meetings bis zu den Sommerferien hält. „Uns hat interessiert, wie es ihnen mit der Kontaktsperre geht“, berichtet Ralf Lützenkirchen. „Haben sie Angst, sich selbst mit dem Virus anzustecken oder dass Freunde und Familienangehörige lebensgefährlich erkranken? Und was machen sie mit der vielen freien Zeit?“

Nach den Ferien kann das Programm glücklicherweise wieder aufgenommen werden, so dass die Kleingruppen die Themen „Sakramente“ und „Christsein damals und heute“ behandeln. „Alle hofften zu diesem Zeitpunkt, dass dann wenigstens das zweite Wochenende Anfang November stattfinden kann, das noch einmal das Gemeinschaftsgefühl stärken und mit dem letzten wichtigen Themenkomplex ‚Heiliger Geist’ vertraut machen sollte“, so Lützenkirchen.

Welch ein Irrtum! Kaum, dass sich die Jugendlichen kurz vor der Firmung noch einmal mit allen Katecheten gewissermaßen zum Endspurt ihrer Vorbereitung auf die Firmung verabredet haben, setzt der zweite Lockdown ein. Und wieder geht es darum, flexibel auf die neue Situation zu reagieren, sich gleichzeitig verantwortlich zu zeigen und alle empfohlenen Vorsichtsmaßnahmen zum Schutz vor einer Infektion zu befolgen. Die Abfrage einer Einverständniserklärung bei den Eltern, ob dieses Gruppentreffen überhaupt stattfinden solle, bringt ein eindeutiges Ergebnis. Über die Hälfte äußert Bedenken. Daraufhin ist sich Pastoralreferentin Gerlach sicher: „Wir müssen die Sorgen der Eltern und Jugendlichen ernst nehmen und sollten niemanden unnötig gefährden.“

„Der Schutz aller hat absolute Priorität“, begründet das Katechetenteam daraufhin die schweren Herzens getroffene Absage dieses wichtigen Treffens so kurz vor der Feier mit Weihbischof Ansgar Puff. Am Ende bleibt von dem weit im Vorfeld geplanten Wochenende nur ein dreistündiges Web-Meeting in der jeweiligen Kleingruppe, aber immerhin mit dem Angebot zu einem letzten Einzelgespräch, um die nun zu fällende Entscheidung endgültig auf sichere Füße zu stellen.

„Das Team hat jederzeit geschaut, was gerade möglich und erlaubt war und hat mit viel Kreativität reagiert“, resümiert Gerlach rückblickend diese anstrengende Zeit. „Schon im März waren wir gefordert, uns Gedanken zu machen: Wie gehen wir mit der neuen Situation des Stillstands um? Wo können wir die Jugendlichen abholen und wie mit ihnen trotz Lockdowns in Kontakt bleiben?“ Schließlich hätten sich alle mit ganz neuen Herausforderungen vor allem kommunikativer Art konfrontiert gesehen. „Als persönliche Gespräche von jetzt bis gleich nicht mehr möglich waren, sollten sie doch wenigstens via Internet geführt werden, auch wenn die Intensität des Kontaktes natürlich darunter gelitten hat und eine Live-Begegnung digital nicht zu ersetzen ist.“

Für alle Firmbegleiter habe es permanent einen erheblichen Mehraufwand an Organisation gegeben. „Wir haben uns sicher dreimal so oft getroffen wie sonst, um zu überlegen, wie alles unter diesen erschwerten Bedingungen gehen kann. Dabei lag unser Fokus immer darauf, den Kontakt zu den Jugendlichen nicht zu verlieren, sie weiter gut auf die Firmung vorzubereiten und ihnen annähernd zu vermitteln, dass sie nicht alleine sind, auch wenn die echten Gemeinschaftserlebnisse fehlten. Schließlich hat Glaube viel mit meinen Gefühlen und den Beziehungsnetzwerken zu tun, in denen ich lebe“, so das Fazit der Theologin.

Auch Ralf Lützenkirchen ist es ein wesentliches Anliegen, nicht über die Köpfe der Jugendlichen hinweg zu argumentieren, sondern die 15- und 16-Jährigen in ihrer Lebenswirklichkeit zu erreichen, wie er betont. „Bei der Firmvorbereitung müssen wir sie inhaltlich mehr beteiligen.“ Dauerhaft schwebt dem ehrenamtlichen Katecheten diesbezüglich eine noch stärkere Einbindung der Jugendlichen vor. „Unsere Aufgabe als Firmbegleiter besteht darin, Impulse zu setzen und eine grundsätzliche Neugierde auf Glaubensthemen zu wecken. Wir müssen geeignete Methoden finden, mit denen wir die Jugendlichen zur Einzel- und Gruppenarbeit anleiten können, bei der sie sich aus eigenem Antrieb die Themen erarbeiten, sie untereinander teilen und diskutieren. Wenn das gelingt, schaffen wir ein nachhaltiges Fundament für ihren Glaubensweg.“

Die intensive Beschäftigung mit der zentralen Frage nach der Relevanz Gottes für das eigene Leben sei nur eine Einladung. „Am Ende“, so Lützenkirchen, „entscheidet jeder selbst, ob er dieses Abenteuer wagt, sich firmen lässt und vor seiner Familie und Freunden bekennt: Hier bin ich, Gott! Du sollst Teil meines Lebens sein!“

Text und Foto – Beatrice Tomasetti