Der kfd-Diözesanverband feiert morgen unter dem Jubiläumsmotto „mittendrin“ ein Sommerfest in Köln – Mit dabei ist auch die ehemalige Bundesvorsitzende Opladen
Was war wichtig für die Frauen in den letzten 100 Jahren? Und auf was kann die Katholische Frauengemeinschaft Deutschlands, deren Kölner Diözesanverband nun anlässlich seines 100-jährigen Bestehens zu einer Ausstellung Alltagsgegenstände aus einem Jahrhundert Frauenleben zusammengetragen hat, stolz sein? Der Vorstand äußert sich in einem Interview.
Nach dem großen Erfolg im letzten Jahr haben Sie anlässlich Ihres 100-jährigen Bestehens nun zum zweiten Mal zu einem Sommerfest rund um Ihre Geschäftsstelle an Groß St. Martin eingeladen. Das Motto „mittendrin“ ist dem Jubiläumsjahr entlehnt. Was bedeutet dieses Wort, das Sie ja gleichzeitig auch als Programm verstanden wissen wollen?
Lydia Wallraf-Klünter (Diözesanvorsitzende der kfd Köln): Als wir im vergangenen Jahr aus dem Generalvikariat in die Altstadt umgezogen sind, wo wir uns räumlich noch einmal ganz anders ausdehnen können, haben wir ein Fest gefeiert, um die neuen Räume den kfd-Frauen vorzustellen und uns mit unseren Nachbarn bekannt zu machen. In diesem Jahr ist unser Jubiläum, das nach ereignisreichen Monaten voller unterschiedlicher Programmpunkte und Angebote am 30. November mit einem von Kardinal Woelki zelebrierten Pontifikalamt endet, der Anlass. „Mittendrin“ zu sein – in der Stadt, im Bistum, im Leben der Frauen und in der Kirche – war schon immer unser Selbstverständnis als Verband. Und so war uns wichtig, das auch in der Überschrift zu allen Jubiläumsaktivitäten zu formulieren. Wir sind ein gestandener Verband und stehen nicht irgendwo am Rand mit unseren über 55.000 Mitgliedern, sondern sind eben mittendrin und gestalten Kirche und Gesellschaft.
Zu diesem Sommerfest haben Sie die Ausstellung „100 Jahre Frauenleben“ konzipiert. Was zeigen Sie in dieser Präsentation?
Ursula Sänger-Strüder (Geschäftsführende Diözesanreferentin): Wir haben die Frauen aufgefordert, uns Erinnerungsstücke aus den unterschiedlichen Jahrzehnten seit der Gründung unseres Diözesanverbandes 1918 auszuleihen. Das konnten fromme Gegenstände wie Gebets- und Andachtsbücher sein, aber eben auch Exponate, die über den Alltag der Frauen und ihren Emanzipationsprozess während der einzelnen Jahrzehnte etwas aussagen. Dann haben wir eine Kommode mit zehn Schubladen bauen lassen: für jedes Jahrzehnt eine, so dass man nun beim Öffnen auf Zeugnisse, Dokumente und Urkunden stößt. In der Auslage und auf Garderobenständern finden sich außerdem ein schlichtes Haushaltsgerät, Handarbeiten oder Mode aus den 20er, 50er, 80er oder 90er Jahren. Eben Dinge, die das Leben der Frauen zu der jeweiligen Zeit prägten oder die von den Frauen als unentbehrlich angesehen wurden. Die Kommode soll später auch von den Pfarrgruppen ausgeliehen werden können, also auf Wanderschaft gehen, um unter Umständen auch noch einmal zur Auseinandersetzung mit der Verbandsgeschichte, aber eben auch der kulturhistorischen Entwicklung von Frauen anzuregen. Außerdem sollte mit jedem Exponat auch eine kleine Geschichte erzählt werden. Entstanden ist ein buntes Kaleidoskop, das etwas über das Leben dieser Frauen, aber auch ihre Arbeit und religiöse Überzeugung zum Ausdruck bringt.
Was sind denn die besonderen „Schätzchen“ in dieser Sammlung?
Sänger-Strüder: Aus den 20er Jahren haben wir beispielsweise ein Waschbrett, eine Reihe von Poesiealben mit interessanten Einträgen, das Buch „Jungmädchens Weggeleit“ und auch „Myrtenblüten“, ein Andachtsbuch von 1926. Aus den 30er Jahren existieren ein Kelch, aber auch eine Aussteuertruhe, ein Papierpuppenheft mit Shirley Temple, womit Mädchen früher gerne spielten, und ein Armreifen artdeco. Es gibt einen Obstteller aus den 40er und ein Brautkleid aus den 50er Jahren, ein Handbuch aus unserem ehemaligen Verbandsheim St. Hedwig in Rhöndorf, einen Führerschein von 1968, für die Zeit typisch eine elektrische Kaffeemühle, ein Sofakissen mit Kreuzstich und ein Porzellangedeck „Wildrose“. Repräsentativ für die 70er Jahre zeigen wir Plateauschuhe und einen Minirock, für die 80er dann einen Walkman, die erste Computertastatur mit Maus und vieles mehr. Das älteste Stück ist unsere Chronik, die 1917, also ein Jahr vor Gründung unseres Verbandes, beginnt. Ich gehe davon aus, dass diese Kommode voller Leben sowie die Ausstellungstische ganz automatisch für einen lebhaften Austausch über alte und vielleicht auch längst verschüttete Erinnerungen sorgen werden.
Ein Blick in die Verbandschronik belegt, dass es in den ersten Jahrzehnten vor allem darum ging, das Mitspracherecht von Frauen zu stärken. Bis heute wollen Sie Frauen zu einem gesunden Selbststand in Gesellschaft und Kirche befähigen. Auf welche Errungenschaften in diesen 100 Jahren sind Sie besonders stolz?
Wallraf-Klünter: Nach dem Ersten Weltkrieg kam ein Prozess in Gang, der letztlich in der Gründung der kfd gipfelte. Aus Gebetsgemeinschaften, in denen sich Frauen damals treffen durften, entwickelten sich „Bruderschaften christlicher Mütter“ – allerdings zunächst noch unter der Leitung von Klerikern. Doch was sich von Anfang an wie ein roter Faden durch unsere Geschichte zieht und was wir gerade in den letzten Jahrzehnten mehr und mehr ausgebaut haben, sind die Schwerpunkte Persönlichkeitsbildung, Partizipation innerhalb der Kirche mit einem verstärkten Mitspracherecht sowie Bildungsangebote, um Frauen zu einer Mitarbeit in der Gemeinde zu qualifizieren. Zuletzt noch war es die Ausbildung zur Wortgottesfeier, die 60 kfd-Frauen aus unseren Reihen absolviert haben. Wichtig ist uns, die Schritte zu gehen, die wir gehen können – manchmal auch mit Diplomatie und Klugheit – aber nicht hinter unseren Möglichkeiten zurückzubleiben.
Sänger-Strüder: Auch das „Frauenwort im Dom“, das in diesem Jahr zum 20. Mal stattfindet, konnten wir gegen anfänglichen Widerstand durchsetzen. Es ist Ausdruck der theologischen Kompetenz, mit der wir uns zu Wort melden. Diesmal spricht die ehemalige Botschafterin im Vatikan, Annette Schawan, zum Thema „Dona nobis pacem – Unterwegs im Auftrag des Friedens“. Am Ambo, damit in Altarnähe und nicht nur in den Bankreihen zu stehen ist das Verdienst mutiger Frauen und auch ein Kölner Alleinstellungsmerkmal. Ich denke schon, dass wir auf eine solche von der kfd angestoßene Initiative stolz sein dürfen.
Als kirchlicher Verband wollten Sie immer in die Gesellschaft hineinwirken. Das war 1918 so und ist auch heute noch so. Welches sind die Themen der Zukunft?
Wallraf-Klünter: Wir setzen uns ein für die Gleichstellung von Frauen in Kirche und Gesellschaft, gerechte und nachhaltige Lebensformen und ein friedliches Zusammenleben. Konkret bedeutet das, dass wir uns seit vielen Jahren zum „Equal pay day“ engagieren und die Forderung nach gleichem Lohn für gleiche Arbeit unterstützen. Wir treten auf der Grundlage von der Papst-Enzyklika „Laudato si“ für eine ganzheitliche Ökologie ein. Wir bekämpfen die Altersarmut von Frauen und zeigen das exemplarisch mit der Finanzierung von Ferienfreizeiten für Frauen mit kleinem Einkommen. Auch im Diözesanpastoralrat und im Diözesanrat haben wir eine Stimme, die wir nutzen. Mit einer halben Million Mitgliedern bundesweit ist die kfd der größte katholische Verband Deutschlands. Das heißt auch, eine Chance wahrzunehmen, um in Kirche, Politik und Gesellschaft gehört zu werden.
Mit der groß angelegten Kampagne „Frauen.Macht.Zukunft“ konnten Sie in den letzten drei Jahren 3200 neue Mitglieder an der Basis gewinnen. Womit konnten Sie angesichts Ihres politischen Engagements die Frauen überzeugen?
Sänger-Strüder: Genau mit den genannten Themen. Wenn gesehen wird, dass Frauen, die vor 1993 Kinder bekommen haben, nun zwei Rentenpunkte erhalten, ist das ein konkreter Erfolg unserer Arbeit, der honoriert wird. Oder wenn Frauen diese Gemeinschaft erleben, die für viele ein hohes Gut darstellt. Immerhin waren im Namen des Bundesverbandes 50 Werbebotschafterinnen unterwegs, die dazu ausgebildet worden waren, mit professioneller Ansprache neue Frauen überall dort zu gewinnen, wo gerade etwas los war. Überzeugt hat sicher auch unsere „Stiftung St. Hedwig“, die die kulturelle Bildung von Frauen und Mädchen unterstützt oder auch kfd-eigene Ideen wie die Projekte „Familienpatin“ oder „Lebenskünstlerinnen“. Mit solchen Initiativen erreichen wir auch viele Frauen außerhalb der Kirche und sorgen für eine Imageverbesserung.
Beim Sommerfest dürfen sich die Frauen mit Accessoires aus 100 Jahren Frauenleben schmücken oder sich ganz und gar so kleiden, wie es vor langer Zeit einmal Mode war. Frei nach dem Motto „Ein bisschen Karneval…“ geht in Köln immer?
Sänger-Strüder: In der kfd gibt es eine Vielfalt an Frauen: Unabhängig von Alter, Bildungsgrad oder Kirchenbindung sind sie uns alle willkommen. Das Sommerfest vereint alle diese sehr unterschiedlichen Persönlichkeiten, so dass in der Tat ein buntes Bild entstehen wird. Doch hinter jeder historischen Garderobe und jedem noch so schrillen Outfit verbirgt sich letztlich dieselbe Sehnsucht nach religiösem Leben und einer ureigenen Spiritualität. Ob bei Wallfahrten, Filmexerzitien, unserem politischen Frühstück oder sonstigen Aktionstagen – die kfd ist für viele Frauen das Fundament, auf dem ihr religiöses Leben steht – und daher auch ein Stück Heimat.
Text und Foto – Beatrice Tomasetti