Kirchenmusikwoche „Einfach himmlisch!“ endet mit großem Chorfest – Sänger aus Bensberg und Moitzfeld sind mit dabei
Einen Moment lang geht es an diesem Abend auch um Fußball. Als Richard Mailänder mit Trikot im Müngersdorfer Stadion einläuft und nach einigem Zögern treffsicher den Ball ins Tor kickt. Auf den drei Monitoren der großen Bühne in der Deutzer Lanxess-Arena wird der pfiffig gemachte Videoclip eingespielt. Das Publikum reagiert begeistert. Der Kirchenmusikdirektor des Erzbistums Köln in neuer Mission?
Nein, da erlaubt sich jemand einen – wenn auch sehr gelungenen – Scherz in Anspielung auf die zeitgleich ausgetragene Zitterpartie Deutschland – Schweden. Das Herz des pastoralen Mitarbeiters, der hauptverantwortlich das Projekt „Kirchenmusikwoche ‚Einfach himmlisch!’“ mit einem kreativen Orga-Team – bestehend aus den 15 Regionalkantoren und dem Vorsitzenden des Diözesan-Cäcilienverbandes Köln, Monsignore Markus Bosbach – entwickelt hat, schlägt ausschließlich für die Kirchenmusik. Daran besteht an diesem Abend, der ein großes „Dankeschön“ an alle ehrenamtlichen Sängerinnen und Sänger bistumsweit sein soll, kein Zweifel. Und so geht es an dann auch – einschließlich Vorgramm – fünf Stunden lang ausschließlich um Musik, ihre Vielgestaltigkeit, ihre Brückenfunktion, ihre Aussagekraft und: ihre Unverzichtbarkeit für kirchliches Leben.
Mit einem Bühnenprogramm der Superlative warten die Verantwortlichen zum Abschluss dieser Woche, die eine bunte Palette an kirchenmusikalischen Highlights bot, auf. In der Summe ist für jeden Geschmack etwas dabei. Denn es treten die King´s Singers aus London, eine der weltweit besten a-cappella-Gruppen, auf. Und Ruhama, das Urgestein der NGL-Bands in Deutschland, die Gruppe „Alte Bekannte“ als Nachfolgeband der „Wise Guys“ sowie Chris Lass, der deutsche „Gospelpapst“ aus Bremen mit seiner Duo-Partnerin Naemi. Die Lothar Kosse-Band, Star der deutschen Praise & Worhsip-Bewegung, fehlt ebenso wenig wie ein Auftritt von „Könige & Priester“, die aktuellen Senkrechtstarter der Lobpreis-Bands um den DSDS-Finalisten Thomas Enns. Aber auch 200 Kinder aus Düsseldorfer Kinderchören mit Hits der bekanntesten Kindermusicals sind mit dabei oder ein Chor von den Philippinen, der eine Tanzvorführung zeigt. Nicht zu vergessen die „Mutter aller kölschen Bands“, die Bläck Fööss, die der Halle mit ihren 15.000 Besuchern bei ihrem Auftritt noch einmal richtig einheizen, aber auch mit ihren beliebtesten Hits vom „Stammbaum“ und „In unserm Veedel“ das echt „kölsche Jeföhl“ ansprechen – Schunkeln inbegriffen.
Jede der auftretenden Künstlergruppen sorgt auf ihre Weise für Gänsehautfeeling im Wechsel mit Laola-Wellen und ausgelassener Begeisterung, die immer wieder von den Stühlen reißt. Denn mitmachen – vor allem mitsingen – wird bei dem von Regionalkantor Wilfried Kaets sorgfältig ausgetüftelten Programm groß geschrieben. Ein dickes Notenheft mit dem „Einfach himmlisch!“-Logo hält jeder Teilnehmer dafür in der Hand. Die Arrangements, die vom klassischen Symphonieorchester oder Pandora’s Box, einer Profiband der deutschen Studiomusikerszene, begleitet werden, sind zum Großteil neu, aber alle – das betont der Düsseldorfer Kantor Klaus Wallrath am Dirigentenpult ausdrücklich – Eigengewächse, das heißt von Kirchenmusikern des Bistums eigens für diesen Anlass geschrieben worden. Allein 60 öffentliche Proben, so schildert er, hätten im Vorfeld dieser Großveranstaltung mit den zwei Ansing-Chören, wofür es Castings gab, stattgefunden. Dass es dann auch mit denen so richtig abgehen kann, zeigen die vielen Sängerinnen und Sänger in ihren bunten T-Shirts von ihrem Standort oberhalb der Bühne eigentlich bei fast jedem Einsatz. Mal wippen sie im Rhythmus mit, mal reißen sie die Arme vor Begeisterung in die Luft. Zusätzliche Stimmungsmacher sind sie allemal.
Am Ende weiß man nicht, was eigentlich als die emotionalsten Höhepunkte dieses grandiosen Programms in Erinnerung bleiben: ob die „Zeitreise“ nach dem Buch Kohelet mit Sprecher Thomas Friebe, das von fast 15.000 Stimmen gesungene „Halleluja“ von Händel in einem Soulful-Mix, die berühmte Toccata von Widor, die Domorganist Winfried Bönig zu später Stunde mitten im Herzen der Arena an einer elektronischen Orgel spielt, das originelle Zwiegespräch mit Gott, das stumm, aber mit Einspielern von getippten Mails Komiker Markus Maria Profitlich auf seinem Laptop führt oder das „Abendlied“ von John Rutter, das für Minuten einen Hauch von anrührender Besinnlichkeit über den weiten Raum der Arena legt. Auch das Schlussgebet mit bischöflichem Geleitsegen in die Nacht lässt noch einmal sehr berührend erleben, dass dem Gemeinschaftserleben – in einem Chor oder als versammelte Glaubenszeugen – in diesem Kontext eine zentrale Bedeutung zukommt.
Nicht zu vergessen den in den Interviews mit Moderatorin Melanie Wielens immer wieder formulierten Dank seitens der Bistumsleitung an die eigentlichen Protagonisten dieses Abends: das Publikum, das etwa zu einem Drittel die insgesamt 44.000 Kirchenchorsänger im Erzbistum Köln repräsentiert und im Einsatz für die Kirchenmusik am Ort für den oft jahrzehntelangen ehrenamtlichen Dienst mit diesem Chorfest gewürdigt werden sollte. „Mit Ihnen allen an der Seite ist es mir um die Kirche in Köln nicht bang“, hatte Kardinal Rainer Maria Woelki zuvor den Menschen in der Lanxess-Arena gut gelaunt zugerufen und ihnen für ihren Dienst Anerkennung gezollt. „Sie sind mit der größte Schatz in unseren Gemeinden!“ Für die Gemeindeerneuerung sei die Musik ein großes Pfund. „Wir Priester sollten mehr auf unsere Kantoren hören“, merkte er außerdem selbstkritisch an. Liturgie ohne Musik wäre zu wortlastig und ein Gottesdienst ohne Musik gar nicht denkbar.
Auch Monsignore Markus Bosbach, Vorsitzender des Diözesan-Cäcilienverbandes Köln, ist sich des „riesigen Schatzes“ bewusst, den Kirche mit ihren vielfältig musikalisch engagierten Gemeindemitgliedern habe. Für ihn selbst, der mit Musik aufgewachsen ist, sei ein Leben ohne Musik nicht vorstellbar, sagte er. Über Musik geschehe auch Beheimatung und damit etwas sehr Wesentliches in Kirche, so die Erfahrung des Leiters der Abteilung Seelsorgebereiche im Erzbistum. Er versprach: „Die Breite unserer Angebote – mit Chor-Schulangeboten, aber auch vielen Spezialisierungen – wollen wir bewahren. Das heißt, nicht nur Musik von gestern, auch die Musik von heute hat ihre Berechtigung.“ Musik in der Kirche sei Verkündigung, kein Selbstzweck, sondern auch Glaubenszeugnis. „Sie schenkt uns eine Ahnung vom Himmel.“
Text und Foto – Beatrice Tomasetti