Ein Jahr Vorlauf hatten die Planungen gehabt. Aber am Ende war es eine Punktlandung und der Berliner Erzbischof Dr. Heiner Koch, ehemals Weihbischof in Köln, hielt Wort und hatte in seinem dicht gedrängten Kalender den Termin in Bergisch Gladbach für einen Abstecher aus der Bundeshauptstadt reservieren können.
Am Vortag des 15. August, dem Fest Mariä Aufnahme in den Himmel, an dem vor 60 Jahren die Pallottinerinnen Schwester Maria Reginata Nühlen, Schwester Pacifica Sperlich und Schwester Rita-Lore Wicklein in Limburg ihre Ewige Profess abgelegt hatten, zelebrierte er in der Refrather Kirche St. Johann Baptist aus diesem Anlass mit ihnen gemeinsam einen Festgottesdienst. Bis auf den letzten Platz besetzt war am Sonntag das Gotteshaus – ein Großteil der Mitfeiernden kam aus der ehemaligen Wirkungsstätte der Ordensfrauen, dem Bensberger Vinzenz Pallotti Hospital – als der erzbischöfliche Gast in seiner Begrüßung daran erinnerte, bereits das Goldene Ordensjubiläum mit den Pallottinerinnen gefeiert zu haben – damals noch in der Krankenhauskapelle und in seiner Eigenschaft als zuständiger Weihbischof für den Pastoralbezirk Süd. Daher habe er auch von Herzen gerne diese Einladung zum Diamantenen Jubiläum angenommen.
Koch betonte, dass es ihm ein echtes Anliegen sei, einmal wieder an einen der vielen Orte im Bergischen zurückzukehren, wo er über sieben Jahre eng mit den Menschen verbunden gewesen war und in dieser Zeit Beziehungen entstanden seien. Die Freude über dieses Wiedersehen, die auch die konzelebrierenden Priester am Altar – darunter der langjährigePfarrer der Bensberg-Moitzfelder Pfarreiengemeinschaft, Heinz-Pater Janßen, und Gastgeber Winfried Kissel – mit einschloss, war ihm deutlich anzusehen, so dass sich die Zugewandtheit und Herzlichkeit, mit der er auf die Schwestern zuging, auf die ganze versammelte Gemeinde übertrug. „Heute war einmal wieder etwas von dieser Freude zu spüren, von der Kirche sonst lebt und die ihr in letzter Zeit so schmerzlich verloren gegangen ist“, war später als einhellige Meinung draußen auf dem Kirchplatz zu hören. Oder: „Wie wichtig ist es doch, sich einmal wieder in einer großen Gemeinschaft zu erleben und gemeinsam ein Fest zu feiern. Nach der Pandemie tut eine derart volle Kirche einfach gut, aber auch dass jemand gute Stimmung verbreitet und ganz nah bei den Menschen ist.“ Das mache Hoffnung und sei Balsam für diekatholische Seele. „Bei einer solchen Predigt springt ein innerer Funke über.“
In der Tat war Hoffnung die Kernbotschaft, die der Berliner Erzbischof seinen vielen Zuhörern an diesem Morgen vermitteln wollte – selbst wenn er zunächst nüchtern feststellte, dass die Menschen angesichts der Komplexität der vielen Krisen und Herausforderungen, die es zurzeit zu stemmen gelte, mit deren Bewältigung schlichtweg überfordert seien. Sogar das Wort von der „überforderten Gesellschaft“ mache die Runde, zitierte er einen bekannten Buchtitel. Koch redete nichts schön, im Gegenteil: Schonungslos benannte er die vielen Missstände – in Politik, Gesellschaft und Kirche – die mutlos machen könnten. Um dann abermit Bezug auf das Hochfest Mariä Himmelfahrt zu unterstreichen, dass gerade in der heutigen Zeit dieses Fest ein Fest der Ermutigung sei und Maria als Orientierung dienen könne: mit ihrer Haltung der Demut, Armut, Ehrlichkeit und Bescheidenheit. „All dies täte uns auch in der Kirche gut“, erklärte Koch. „Dann wären wir auf einem guten Weg in die Zukunft. Dann wird alles gut“, versicherte er. „Die Frage des Hoffnungspotenzials ist das Entscheidende, was wir als Christen der Welt zu verkünden haben“, sagte der Bischof wörtlich. Und dann an dieSchwestern gewandt: „Sie haben in Ihrem Tun immer wieder Zeichen der Hoffnung gesetzt. Mit Maria sind Sie die kleinen Schritte gegangen, haben getan, was machbar war.“ Seine Predigte beendete Erzbischof Koch mit einem ausdrücklichen Dank an die Jubilarinnen: „Ich danke Ihnen von ganzem Herzen für Ihren Dienst: dass Sie gehört und gehorcht haben und diese vielen kleinen Schritte in Ihrem Leben gegangen sind!“
Zu Beginn des Gottesdienstes hatte Schwester Helga Weidemann, die ehemalige Limburger Provinzoberin aus der aktiven Zeit der Schwestern Reginata, Pacifica und Rita-Lore, in Vertretung für ihre erkrankte Nachfolgerin gesprochen und ihre Mitschwestern in einer Laudatio gewürdigt. Jubiläen seien Anlässe zum Dank, erklärte sie. Und dass es am Anfang eines Lebens im Kloster immer den einen Moment gegeben habe, „wo der Ruf, sich auf Gott einzulassen, stärker war als alles andere. Das war der Moment, wo die Liebe das Herz ganz ergriffen hat.“ Seitdem seien die drei Schwestern dem Auftrag ihres Ordensgründers Vinzenz Pallottis gefolgt, „in allem, was wir tun, zu versuchen, die unendliche Liebe Gottes durchscheinen zu lassen“.
In einem Rückblick erinnerte sie an wichtige Stationen in der Biografie der drei, die über Jahrzehnte auch das Gemeindeleben in Bensberg und Moitzfeld maßgeblich mitgeprägt und im Dezember 2016 schmerzlich Abschied von „ihrem“ Krankenhaus genommen haben. Dahatte die gelernte Krankenschwester Reginata 37 Jahre im Vinzenz Pallotti Hospital gearbeitet: zunächst als Stationsleitung, später dann bis zur Aufgabe des Bensberger Konventes – die Schwestern zogen zu Beginn des Jahres 2017 ins St. Josefshaus nach Refrath um – und ihrem damit verbundenen Ausscheiden als Krankenhausseelsorgerin. „Die Begleitung von Sterbenden ist ihr zu einem Herzensapostolat geworden und ihr Wunsch zum Klostereintritt ‚Da sein für den Nächsten’ ist immer wieder neu und bei jedem Patienten, den sie beim letzten Weg begleitet hat, anders in Erfüllung gegangen“, so Weidemann.
Schwester Pacifica habe zunächst eine Prüfung als Kaufmannsgehilfin, später dann aber eine Ausbildung in der Krankenpflege und Pflegedienstleitung absolviert, führte Schwester Helga weiter aus. Ihr Einsatz im Vinzenz Pallotti Hospital habe 1978 begonnen: zuerst als Stationsschwester, dann als Pflegedienstleiterin und später als Krankenhaus-Oberin. Als sie aus dieser Aufgabe ausschied, wurde sie Provinzrätin und Mitglied im damals neu gegründeten Stiftungsrat, der sich von nun an um die vor allem auch finanziellen Belange aller pallottinischen Einrichtungen kümmerte. Nach der Schließung der Kommunität am VPHzog sie mit den anderen „Bensbergerinnen“ nach Refrath. Seit 2021 ist sie in dem noch siebenköpfigen Konvent Kommunitätsoberin.
Schwester Rita Lore studierte Medizin in Tübringen und ging 1980 nach Brasilien, um dort missionarische Pionierarbeit zu leisten. 24 Jahre lang arbeitete sie in Südamerika als Ärztinund bildete die ersten brasilianischen Mitschwestern aus, bevor sie 2004 in Rom zur Generalvikarin gewählt wurde und nach Europa zurückkehrte. Sie habe sich mit Herzblut in der gesundheitlichen und pastoralen Basisarbeit eingesetzt, würdigte Schwester Helga die Jubilarin.
Text und Fotos – Beatrice Tomasetti