„Wie geht es jetzt weiter?“ Das ist die Frage, seitdem vor einigen Wochen Chorproben in der üblichen Form untersagt wurden.
Das Fazit aus zahlreichen Gesprächen mit Kolleginnen und Kollegen, Berichten aus den Medien – zum Teil von den Sängern an mich übermittelt – sowie Erfahrungen von Freunden und Bekannten, die in anderen Chören singen, war: Chorproben über Video, Zoom oder Ähnliches sind möglich, die negativen Erfahrungen bzw. Befindlichkeiten überwiegen aber bei weitem. Alles in allem waren die Erfahrungsberichte über virtuelle Proben wenig ermutigend und für die Messe von Otto Nicolai, die wir derzeit einstudieren, gibt es leider keine Arbeitshilfe im Internet.
Deshalb haben wir folgende Lösung gewählt: Vier Gesangssolisten (nicht aus dem Chor) singen mit Klavierbegleitung die Einzelchorstimmen. Das Ergebnis wird aufgezeichnet und allen Sängern – nach Stimmen getrennt – zur Verfügung gestellt. So haben alle Sängerinnen und Sänger eine Vorlage, mit der sie arbeiten und üben können. Der entscheidende Vorteil hierbei ist, dass alle Chormitglieder die Abschnitte oder auch nur einzelne Takte so oft anhören können, bis ein gewisses Maß an Sicherheit erreicht ist. Das kann jeder nach seinen individuellen Bedürfnissen tun, ohne dass die anderen Soprane, Altisten usw. warten müssen.
Das scheint eine recht effektive Methode zu sein, um neue oder bisher wenig geprobte Stücke zu erlernen. Wenn stattdessen die Einzelstimmen durch Dreiergruppen aus dem Chor – nur als Beispiel – aufgenommen werden, benötigt man, abgesehen von der bekannten Problematik, etwa zwei Proben, bis die Töne einigermaßen „sitzen“. Mittlerweile sind die ersten Aufnahmen fertig und Kyrie und Gloria sind als Audiodatei verschickt. Die Rückmeldungen aus dem Chor sind äußerst positiv.
Wenn wir uns irgendwann – wenn auch nur in kleiner Runde – wieder zum Singen treffen können, brauchen wir nicht erst mühsam und zeitraubend Töne zu lernen, sondern können sowohl zunächst einfache mehrstimmige Stücke singen als auch anfangen, das Ergebnis der Audiodatei zu verwerten.
Das Foto zeigt Lena Schmidt beim Einsingen der Sopran-Partie. Rainer Schrapers begleitet am Klavier.
Text – Ludwig Goßner
Bild – Beatrice Tomasetti