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„Wir sind Kirche auf dem Weg“

Im Rahmen einer Vollversammlung wurden die Ergebnisse der Gemeindebefragung in Bensberg und Moitzfeld vorgestellt

„Wie stellen Sie sich die Zukunft der Gemeinde vor?“ Diese Frage war den Mitgliedern von St. Nikolaus und S. Joseph vor den Sommerferien gestellt worden. Auf Fragebögen, die im Juli zusammen mit dem Pfarrbrief an die 5000 katholischen Haushalte in Bensberg und Moitzfeld verteilt worden waren, konnten sie ihre Vorstellungen äußern und Verbesserungsvorschläge machen. Die Ergebnisse der Umfrage wurden jetzt den Gemeindemitgliedern vorgestellt.

In der Umfrage waren die Teilnehmer aufgefordert worden, Angaben über ihr Verhältnis zum Glauben und zur Kirche zu machen und die kirchlichen Angebote in Bensberg und Moitzfeld zu bewerten. Bei einem Rücklauf von 226 Fragebögen können die Ergebnisse nicht als repräsentativ gelten. „Doch sie spiegeln die Wahrnehmungen und Wünsche der Befragten wieder und lassen Trends erkennen“, sagte Franziska Strecker, die mit einem Team von Bonner Theologiestudenten die Umfrage ausgewertet hat und die Ergebnisse in der Gemeindevollversammlung präsentierte.

Die große Mehrheit der Befragungsteilnehmer ist über 50 Jahre alt (70,8%). Davon machen die über 70-Jährigen die zahlenmäßig größte Gruppe aus. Insofern spiegeln die Daten auch die Altersstruktur der Kirchenbesucher sowie die allgemeine demografische Entwicklung wieder. Deutlich mehr Bensberger als Moitzfelder beteiligten sich an der Befragung, aber – was auf den ersten Blick überrascht – auch Personen, die nicht in den Gemeinden wohnen und sich dennoch zugehörig fühlen.

Was die Befragten vor allem von der Kirche in Bensberg und Moitzfeld erwarten, ist Seelsorge: Für über 60 % steht sie an erster Stelle. Ein Hinweis darauf, dass die Kirche vor Ort sich wieder mehr auf ihre Kernkompetenz besinnen sollte? Nach Altersgruppen aufgeschlüsselt ergibt sich, dass der Wunsch nach Seelsorge mit zunehmendem Alter stärker in den Vordergrund rückt. Andere Bereiche, die ab dem vierten Lebensjahrzehnt häufig nachgefragt werden, sind Begegnung und Glaubensgespräche/-kurse. Die jüngeren Altersgruppen wünschen sich eher kirchliche Angebote zur Freizeitgestaltung und für Kinder und Jugendliche.

Die Antworten auf die Frage, wie bestehende Angebote ergänzt und verbessert werden können, weisen in eine ähnliche Richtung. Vor allem Glaubensbildung wird gewünscht sowie mehr Angebote für Jugendliche und junge Erwachsene. Auch wurden konkrete Verbesserungsvorschläge gemacht, wie etwa andere Messzeiten, modernere Lieder sowie Mitfahrgelegenheiten zu den Gottesdiensten. Mehrere Befragte äußerten den Wunsch, dass sich die Kirche mehr öffnen, Kirchenferne ansprechen und zu einer Gemeinde zusammenwachsen solle.

Zur Umgestaltung der kirchlichen Gebäude in St. Nikolaus und St. Joseph befragt, gab die Mehrzahl an, dass sie die Renovierung des Treffpunkts und eine Umgestaltung des Kirchenumfelds von St. Nikolaus für vordringlich halte. Die Barrierefreiheit ist ein Aspekt, den sich Besucher beider Kirchen wünschen.

Einige Ergebnisse der Umfrage wurden im Anschluss an die Präsentation in Kleingruppen intensiv diskutiert. Dabei wurden zentrale Fragestellungen herausgearbeitet, mit denen man sich in naher Zukunft in den Gremien beschäftigen will.

Was bedeutet es beispielsweise, wenn ein großer Prozentsatz der Gemeindemitglieder sich mehr Seelsorge wünscht? Welche konkreten Erwartungen stecken dahinter? Als erste Reaktion auf dieses Votum hat das Seelsorge-Team seine Sprechzeiten bereits ausgeweitet. Doch scheint die überraschend große Nachfrage nach Seelsorge eine wahre Herkulesaufgabe zu sein, die mit wenigen Hauptamtlern allein nicht zu stemmen ist. Eine Alternative läge sicher darin, den Begriff der Seelsorge künftig weiter zu fassen und nicht nur auf das Pastoralteam zu beschränken.  „Seelsorge heißt: ein zuhörendes Gespräch führen“, sagte Pfarrer Andreas Süß. In diesem Sinne leisten auch Laien Seelsorge, die Menschen in existenziellen Krisen unterstützen – etwa wenn sie im Rahmen von Besuchsdiensten zu kranken und alten Menschen gehen. Solche Angebote, die in St. Nikolaus und St. Joseph schon bestehen, sollen in Zukunft nach Möglichkeit personell verstärkt und ausgebaut werden.

Ein weiterer wichtiger Aspekt rückte durch die Umfrageergebnisse in den Blick: Wie bedarfsgerecht sind die Strukturen vor Ort? So gibt es beispielsweise zwar Angebote für Familien mit kleinen Kindern – wo aber werden Singles oder Alleinerziehende angesprochen? Dabei machen sie inzwischen einen erheblichen Anteil an der Gesamtbevölkerung aus. Auch die Tatsache, dass rund drei Viertel der Gemeindemitglieder von St. Nikolaus keine gebürtigen Bensberger sind, wirft Fragen auf: Wie werden in St. Nikolaus und St. Joseph Zugezogene in das Gemeindeleben einbezogen? Fühlen sie sich willkommen und in die Gemeinschaft aufgenommen?

Einen Schwerpunkt bildete die Frage, wie dem Wunsch nach mehr Angeboten für Kinder und Jugendliche entsprochen werden kann. Nur einfach mehr zu tun wäre der falsche Ansatz, darin war man sich einig – stattdessen muss nach der Qualität der Angebote und dem realen Bedarf gefragt werden. Wenn Kirche in Zukunft auch Außenstehende erreichen will, muss sie verstärkt auf niederschwellige Angebote setzen. Die interreligiös geprägte Kinder- und Jugendarbeit soll ausgeweitet werden; den Erfordernissen unserer Zeit gemäß sollen zusätzlich Angebote ohne große Verbindlichkeit etabliert werden. Selbstredend sollen christliche Werte nach wie vor im Zentrum der Jugendarbeit stehen – als Fundament der gemeinsamen Aktivitäten, aber ohne „missionarischen Anspruch“.

Der vielfach geäußerte Wunsch nach einer Vertiefung des Glaubenswissens ist ein weiterer Bereich, dem man sich künftig mehr widmen will. In der Umfrage wurde sichtbar, dass die Glaubenserfahrung an bestimmte Lebensalter gebunden ist – ein Punkt, der bei der Gestaltung entsprechender Angebote stärker berücksichtigt werden muss. Ziel wird es sein, bereits bestehende Gruppen (Bibelkreise und Gesprächskreise für Männer oder Frauen), zu öffnen sowie neue aufzubauen . „Über das Erleben von Gemeinschaft wächst die Glaubenserfahrung“, betonte Pfarrer Süß. Der Aspekt des „belonging before believing“ ist aber auch untrennbar verknüpft mit den Räumen, in denen solche Begegnungen stattfinden können.

Damit war schließlich das Thema Umgestaltung der kirchlichen Räume in Bensberg und Moitzfeld angesprochen, das Ausgangspunkt und Anlass für die Befragung war. Der Hauptakzent soll künftig auf die – sichtbare und erlebbare – Öffnung der Kirche gelegt werden, damit ihre Präsenz und Außenwahrnehmung verstärkt wird. Doch wie diese Vision konkret umgesetzt werden kann, darüber sind die Ansichten geteilt. „Nur Bänke auf den Kirchplatz zu stellen reicht nicht aus – die Umgestaltung muss in einem Gesamtkonzept gedacht werden“, betonte Stefan Höller, Mitglied im Bauausschuss des Kirchenvorstands.  „Am Ende müssen Weichen neu gestellt werden“, bekräftigte Martin Brochhaus, Vorsitzender des Pfarrgemeinderates, der die Veranstaltung moderierte.

Ähnliche Worte hatte Tage zuvor auch Weihbischof Puff gefunden, als er im Rahmen der Visitation einen Vortrag zum „Neuen Geistlichen Weg im Erzbistum Köln“ hielt. Er rief dazu auf, angesichts der strukturellen Veränderungen in der Kirche, wie Priestermangel und nachlassender Taufbereitschaft, nach einem „neuen Weg“ zu suchen. „Wir müssen von der Ressource ausgehen, nicht vom Mangel. Die neue Gestalt von Kirche entsteht nicht durch zwei, drei Hauptamtliche, sondern durch die ganze Gemeinschaft von Glaubenden“, sagte Puff.

Sein abschließender Bericht zur Visitation, den er am 5. Oktober in Bensberg vorlegt, wie auch die Ergebnisse der Beratungen von PGR und KV auf der gemeinsamen Klausurtagung am 23. bis 25. September sollen dazu beitragen, konkrete Beschlüsse zur künftigen Entwicklung der Gemeinde zu fassen. Bis Ostern 2017 will man die Voraussetzungen für die architektonische Neugestaltung der kirchlichen Räume in Bensberg und Moitzfeld geschaffen haben. Bis dahin werden noch etliche Fragen zu klären sein.  „Wir müssen Versuch und Irrtum zulassen“, sagt Pfarrer Andreas Süß. „Die Kirche von morgen wird eine experimentelle Kirche sein.“

Die Sprechstunden der Seelsorger sind, wie im Beitrag erwähnt, ausgeweitet worden. Sie finden zu folgenden Zeiten statt:

Die Sprechstunden montags – mittwochs wechseln zwischen dem Pastoralbüro Bensberg (Nikolausstraße 7) und dem Pfarrbüro Moitzfeld (Moitzfeld 65). In den geraden Wochen finden sie in Bensberg und in den ungeraden in Moitzfeld statt.

Text – Martina Martschin
Foto – Beatrice Tomasetti

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