Kreuzweg – Station 14

Der Leichnam Jesu wird in das Grab gelegt

Station-14
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Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und stirbt, bleibt es allein. Wenn es aber stirbt, bringt es reiche Frucht.
(Joh 12, 24)

Das letzte Bild des Kreuzwegs ist ein Bild des Übergangs. Der Künstler geht das Wagnis ein, etwas ganz Unanschauliches sichtbar zu machen, den Übergang vom Tod zum neuen, ewigen Leben. Es ist nicht die Grabesruhe des Karfreitagabends, in die wir als Betrachter hineingenommen werden, vielmehr scheint es, als bräche schon ein Schimmer des Osterlichts in diese Grabhöhle ein, die sich in erdigem Braun über dem Leichnam Jesu wölbt. Dieser liegt eingesponnen wie ein Kokon in einem Schacht, der an unsere Gräber erinnert, in die wir unsere Toten betten. Nur die Wundmale der Hände und der Seite schimmern noch blutig rot durch die Leichentücher, alle anderen Wunden des geschundenen Körpers scheinen geschlossen.

Das Dunkel dieser Gruft, die von einem schwarzen Rollstein verschlossen ist, wird von zwei Lichtquellen aufgehellt. Zum einen ist es, als bräche von außen durch einen Spalt über dem Stein schon das Morgenrot des anbrechenden Ostertages herein; zum anderen scheint es, als begänne der Leichnam Jesu von innen her zu strahlen.

„Da wurde er vor ihren Augen verwandelt, sein Gesicht leuchtete wie die Sonne und seine Kleider wurden blendend weiß wie das Licht“, so erzählt der Evangelist Matthäus von der Verklärung Jesu. Es ist, als wollte uns der Künstler zu Zeugen dieser österlichen Szene machen, zu Zeugen der Transformation des irdischen Jesus in den erhöhten Christus. Das goldene Licht um seine Stirn gleicht ja dem Strahlenkranz der aufgehenden Sonne und erinnert an jene „Sonne der Gerechtigkeit“, von der die Kirche in ihren Hymnen singt:

„Du wahre Sonne brich herein, du Sonne, die nicht untergeht,
und mit des Geistes lichtem Strahl dring tief in unserer Sinne Grund.“

Das Weizenkorn, das in die Erde gefallen ist, bricht auf; es verwandelt sich und wird zur Geist­wirklichkeit, die – von keinen Grenzen mehr gefangen – reiche Frucht bringt; zum Geist, der Frucht bringen will auch in uns, die wir uns so oft im Dunkeln fühlen, abge­schnitten vom wirkli­chen Leben.

Den Kreuzweg Jesu mitzugehen, bedeutet für uns, dem schöpferische Wirken Gottes zu­zutrauen, dass er auch unseren Tod besiegen kann, diesen Tod, der schon jetzt in vielfälti­ger Form unser Le­ben mindert, lähmt und mit Angst überzieht. Den Kreuzweg Jesu mitzu­gehen, heißt, auf die Verhei­ßung Gottes zu vertrauen, der auch uns sagt: „Ich öffne eure Gräber und hole euch, mein Volk, aus euren Gräbern herauf“  (Ez 37, 12) – jetzt schon, und dann einmal, wie bei Jesus, für immer.

 

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