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„Kirche muss am Ball bleiben“

Interview mit Susanne Besuglow

Seit elf Jahren ist Susanne Besuglow als Gemeindereferentin in Bensberg und Moitzfeld tätig – Jahre, in denen sich ihr Aufgabenbereich immer mehr erweitert hat. Familienmessen, Schule, Jugendarbeit und vor allem die Firmvorbereitung waren Schwerpunkte ihrer Tätigkeit. Nun wird auch sie in diesem Sommer St. Nikolaus und St. Joseph verlassen und sich neuen Aufgaben zuwenden.

Frau Besuglow, als ausgebildete Religionspädagogin haben Sie sich besonders um die Schulen und um die Familienpastoral
gekümmert. Was gehörte im Einzelnen zu Ihren Aufgaben?
Angetreten bin ich ursprünglich mal mit zwölf Wochenstunden, die ich hauptsächlich für die Kinder- und Familienpastoral eingesetzt habe. Dazu gehörte die Arbeit in den drei Grundschulen. Bei den Erst- und Zweitklässlern ging es darum, zunächst einmal den Kontakt zur Kirche herzustellen und den Kirchenraum zu erkunden. Mit Dritt- und Viertklässlern waren es regelmäßige Gottesdienste. Mit einem 4. Schuljahr habe ich später auch den Kinderkirchenführer von St. Nikolaus erarbeitet. Neben der Aktion des lebendigen Adventskalenders und den Kartagen für Kinder sind mir die jährlichen Familienwochenenden sehr wichtig geworden.

Warum?
Sie sind ein gutes Angebot für Alleinerziehende und Familien, um mit Gemeinde in Berührung zu kommen: Es ist zum einen das Erleben von Gemeinschaft, aber auch der intensive Austausch über Lebens- und Glaubensthemen. Dort wird Glaube spürbar und bekommt Relevanz für das eigene Leben. Nach einem solchen Wochenende hat mir einmal eine Familie gesagt, die schon seit einiger Zeit in Bensberg lebte: „…und jetzt sind wir hier angekommen!“ Übrigens: Viele der Mitfahrenden bringen sich später auch an anderer Stelle in unseren Gemeinden ein.

Sie haben eine Zusatzqualifikation in Themenzentrierter Interaktion (TZI). Was hat es damit auf sich? Wie konnten Sie das in Ihre Arbeit einbringen?
Man lernt in der Themenzentrierten Interaktion, wie die Arbeit in Gruppen besser gelingt – bildlich gesprochen, dass sie ins „Fließen“ kommt. Dabei spielen Kommunikation und die innere Haltung eine große Rolle. Übrigens eine Steuerungsmethode, die auch in der Wirtschaft genutzt wird. Ziel ist, eine Atmosphäre zu schaffen, in der es allen Teilnehmern möglich ist, sich für die gemeinsame Aufgabe einzubringen. Jährlich gebe ich dazu auch für das Bistum Köln eine Fortbildungswoche für Priesteramtskandidaten, Diakone und Laientheologen in Ausbildung.

Nach dem Weggang von Pfarrvikar Christoph Bernards fiel Ihnen dann auch noch die Firmvorbereitung zu…
Da die Stelle des Pfarrvikars 2011 nicht wieder besetzt werden konnte, war plötzlich niemand mehr für die Firmvorbereitung zuständig. Mir war aber klar: „Wir können die Jugendlichen nicht hängenlassen!“ Meine Stelle wurde dann zunächst auf 50 Prozent aufgestockt. Inzwischen ist daraus eine volle Stelle geworden. Seit sechs Jahren gebe ich außerdem noch Religionsunterricht an der Johannes-Gutenberg-Realschule. Die Firmkatechese ist mittlerweile das Herzstück Ihrer Arbeit.

Was bedeutet Ihnen die Sakramentenvorbereitung?
Für mich persönlich ist Glaube etwas, das mein Leben stärkt. Diese Erfahrung möchte ich weitergeben. Die Firmanden sind in einem Alter, in dem sie sich selbst infrage stellen und nach Antworten suchen. Ich möchte die Jugendlichen bei der Suche nach sich selbst mit Gott in Berührung bringen und stärken. Die Aussage: „Es gibt einen Gott, der dich liebt“, ist mir ganz wichtig. Natürlich können wir nicht alle erreichen. Aber die meisten nehmen ganz viel für sich und ihr Leben mit. Einige sind begierig, nehmen alles auf, was sie im Lauf der Firmvorbereitung über den Glauben erfahren, und wollen immer noch mehr wissen. Andere bleiben eher verschlossen, aber auch da spürt man: Der Same ist gelegt und wird vielleicht zu einer späteren Zeit aufgehen.

Wird es nicht allgemein immer schwieriger, junge Menschen zu erreichen, ihnen Angebote zu machen?
Ja, manchmal ist es ein hartes Ringen. Aber manche Jugendliche erfahren bei der Firmvorbereitung zum ersten Mal etwas Verbindliches, sie merken, dass sie wichtig sind, dass nach ihnen gefragt und gesucht wird, wenn sie einmal nicht kommen. Das ist eine ganz wesentliche Erfahrung für sie.

Ist die Auseinandersetzung mit dem Glauben heute für Jugendliche anders geworden als noch vor ein paar Jahren?
Grundsätzlich gehen die Anmeldezahlen zurück. Aber diejenigen, die nur ihrer Oma zuliebe kommen, haben wir eigentlich nicht mehr. Das hat auch damit zu tun, dass es keinen gesellschaftlichen und familiären Druck mehr gibt, die Firmung unbedingt mitgemacht haben zu müssen. Die Auseinandersetzung mit dem Glauben hat sich aber nicht nur für die Jugendlichen, sondern auch für die Erwachsenen sehr verändert. Die Menschen kommen nicht mehr automatisch zu uns in die Kirche. Denn – auch das ist die Realität – viele erwarten von Kirche einfach auch nicht mehr viel. So unterschiedlich Menschen sind, so verschieden ist auch ihr Zugang zum Glauben. Deshalb muss Kirche am Ball bleiben. Wir müssen in der Pastoral viel feinfühliger und kreativer werden, damit Menschen Gottes frohe Botschaft für sich annehmen können.

Was motiviert Sie bei der Arbeit mit jungen Menschen?
Die feste Überzeugung, dass durch unseren Glauben an einen uns zugewandten Gott Leben erfüllter gelingt und dass wir Antworten auf unsere Lebens- und Sinnfragen finden können. Dies auch jungen Menschen mit auf ihren Weg zu geben, finde ich sehr wertvoll. Ich sehe mich als Wegbegleiterin, die zusammen mit ihnen auf der Suche ist und nicht fertige Konzepte hat.

Dazu braucht man einen langen Atem…
Ja, unbedingt. Für die Jugendarbeit reicht es nicht aus, Angebote zu machen. Jugendarbeit ist Beziehungsarbeit. Man muss da sein, mitmachen, zeigen: Wir geben nicht nur kluge Ratschläge, wir sind dabei, wenn es drauf ankommt – und wenn nur die Sachen fürs Pfingstlager eingepackt werden. Es braucht vor allem viel zeitlichen Einsatz. Das gilt natürlich auch bei Erwachsenen. Beim gemeinsamen Spülen nach einem Empfang haben sich schon manchmal tiefsinnige Gespräche ergeben.

Als letztes Aufgabenfeld ist Ihnen vor zwei Jahren die KjG Moitzfeld zugewachsen…
Hier ging es zunächst darum, den Übergang von einer Leiter-Generation zur nächsten zu gestalten – das ist inzwischen geglückt. Das Miteinander von den erfahrenen Alt-Leitern und den Jüngeren klappt gut, da ist eine harmonische Gemeinschaft gewachsen. Darauf könnte man jetzt aufbauen und auch verstärkt religiöse Angebote machen.

Ihr Weggang kommt also eindeutig zu früh! Welchen Schwerpunkten werden Sie sich in Ihren neuen Gemeinden widmen?
Wie meine Aufgaben künftig konkret aussehen werden, weiß ich noch nicht. Aber Jugendarbeit ist eigentlich nicht mehr meine Perspektive – inzwischen bin ich aus den Leiterrunden herausgewachsen, meine eigenen Kinder sind schon älter als die Gruppenleiter. Ich könnte mit Blick auf die nächsten zehn Jahre ja fast die Oma der Jugendlichen sein, die dort sitze… Für mich wäre Ökumene ein spannendes Thema, dem ich mich gern mehr widmen würde, weil es hier in Bensberg mit Pfarrer Graf und Diakon Beerhenke eine sehr fruchtbare Zusammenarbeit gegeben hat. Und auch die Arbeit mit jungen Senioren – Generation 60plus – wie sie in unserer evangelischen Schwestergemeinde praktiziert wird, würde mir Freude machen. Das ist ein weites Feld, auf dem bislang noch nicht so viel passiert.

Haben Sie bei Ihrem pastoralen Engagement auch von Erfahrungen mit Ihren eigenen Kindern profitiert? Sie sind die einzige im Seelsorgeteam, die Familie hat…
Meine Familie habe ich immer als Bereicherung für mein berufliches Leben gesehen. Und die familiären Erfahrungen machten es mir leichter, manches in der Arbeit mit Ehrenamtlern besser zu verstehen, zum Beispiel dass Menschen eben auch in vielen anderen Kontexten eingebunden und sehr gefordert sind. Die vielfältigen Erwartungen von Großfamilie, Beruf, Schule, Freunden kommen zum kirchlichen Engagement noch dazu. So füllen beispielsweise unsere Messdiener nicht nur die Rolle als Messdiener aus. Inzwischen sind meine Töchter im Studium und wohnen nicht mehr zu Hause. Aber es gab natürlich immer die Frage, wie gut sich Beruf und Familie vereinbaren lassen – das war jetzt auch ausschlaggebend dafür, wieder auf eine halbe Stelle zu gehen.

Dann wird Ihr Mann Sie in Zukunft häufiger sehen?
Ja, in letzter Zeit haben wir uns manchmal nur Zettel geschrieben. Wegen meiner vielen Abendtermine sahen wir uns oft nur beim Frühstück!

Das Thema unseres Sommerpfarrbriefs ist der Rucksack. Was nehmen Sie mit von Ihrem bisherigen in Ihren neuen Wirkungskreis?
Viel Dankbarkeit! Die Arbeit mit diesem Team habe ich als Geschenk empfunden. Es war stets ein vertrauensvolles, freundschaftliches Miteinander. Sicher haben wir auch um manche Themen gerungen. Wir begegneten uns auf Augenhöhe, konnten offen sagen und vor allem miteinander teilen, wo etwas nicht geglückt und wo es gut gelaufen war. Das wird es so wohl kein zweites Mal geben – deshalb gehe ich ungern. Die Menschen hier sind mir sehr vertraut geworden und das Erleben, dass sich viele ansprechen und begeistern lassen, ist klasse!
Was ich als positive Erfahrung mitnehme, ist auch, dass ich in meiner Arbeit viele Freiräume hatte. Gerade in der Schulpastoral konnte ich viel experimentieren und schauen, was braucht die jeweilige Schule an Unterstützung, um für die Kinder Glauben spürbar zu machen. Auch die lebendige Gestaltung der Liturgie bei Andachten oder Familienmessen sowie die intensive Wegbegleitung von einzelnen Erwachsenen und Kindern nehme ich mit; zum Beispiel habe ich mit Kindern gearbeitet, die es in einer Gruppe schwer hatten und denen die individuelle Zuwendung gut getan hat.

Gab es auch das Gefühl, als Frau und Laientheologin nicht voll akzeptiert zu sein?
Mit den Geistlichen hier vor Ort war das nie ein Problem. Aber ich habe natürlich auch Situationen erlebt, in denen es einfach für mich stimmig gewesen wäre, Dienst am Altar tun zu dürfen. An den Firmwochenenden haben wir extra einen Priester kommen lassen, um mit uns Messe zu feiern – was allerdings mit Dirk Peters auch eine Bereicherung war. Oder: Ich habe eine Ausbildung zur Hospizhelferin – da fände ich es passend, auch die Krankensalbung zu spenden. Da hätte ich mir vorstellen können, mehr tun zu können und zu dürfen. Aber das ist kein Drama. Es ist, wie es ist.

Was möchten Sie dem neuen Seelsorgeteam mit auf den Weg geben?
Hier in Bensberg und Moitzfeld gibt es viele Menschen, die engagiert und eigenständig arbeiten. Ich würde mir wünschen, dass die beiden neuen Seelsorger Hörende sind und viel zulassen können, aber auch denen den Rücken stärken, die diesen Rückhalt brauchen.

Woraus beziehen Sie Ihre Kraft?
Ich brauche für mich ganz existenziell das persönliche Gebet, den Dialog mit Gott. Das kann an ganz unterschiedlichen Orten sein. Mein Leben vor Gott bringen – das ist mir wichtig, und das war auch meine Kraftquelle, als der Gesundheitszustand meines Mannes vor einiger Zeit sehr schlecht war und wir nicht wussten, wie es weitergehen würde. Da bekommt der Glaube noch einmal eine andere Dimension. Das ist letztlich auch das, was ich anderen mit auf den Weg gebe: Gott geht mit und gibt Kraft. Trotzdem wird mit ihm nicht immer alles leicht sein.

Das Interview führten Martina Martschin und Beatrice Tomasetti

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